Bethel setzt nach Werkstattschließungen auf mehr Begleitung

Bethel setzt nach Werkstattschließungen auf mehr Begleitung
Expertin: Sorgen der behinderten Menschen auffangen
18.03.2020
epd
epd-Gespräch: Holger Spierig

Bielefeld, Dortmund (epd). Die Schließung der Behindertenwerkstätten in Nordrhein-Westfalen stellt viele Träger vor große Herausforderungen. Es werde daran gearbeitet, die Mitarbeitenden aus den Werkstätten nun verstärkt bei den Menschen in den Heimen und Wohngruppen einzusetzen, sagte die Geschäftsführerin des für die Behindertenhilfe zuständigen Stiftungsbereichs Bethel.regional, Ursula Veh-Weingarten, am Mittwoch in Dortmund dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch andere Mitarbeitende stellten sich darauf ein, Menschen mit Behinderungen vor Ort zu beschäftigen. Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, sind in Nordrhein-Westfalen seit Mittwoch auch alle Behindertenwerkstätten geschlossen.

Erschwerend seien in der Situation massive Einbrüche beim Personal, weil etwa Urlaubsrückkehrer oft eine 14-tägige Quarantäne einhalten müssten, erklärte Veh-Weingarten. Es herrsche jedoch eine große Solidarität unter den Mitarbeitenden und eine große Bereitschaft, damit es so wenig wie möglich zu Beeinträchtigungen komme. Für den Bereich der Behindertenhilfe der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel werde nötigenfalls zusätzliches Personal gewonnen, etwa durch Umschichtungen oder durch Schülerinnen des Berufskollegs Bethel.

Die Einschränkungen etwa der Bewegungsfreiheit oder des Besuchs werden laut Veh-Weingarten von den behinderten Menschen unterschiedlich wahrgenommen. Bei Menschen mit einer psychischen Erkrankung könne man im Gespräch vieles klären. Sie hörten Nachrichten und könnten vieles einordnen. Viele hätten Ängste, wie es weitergehe. "Es gibt aber auch viele, die überhaupt nicht nachvollziehen können, warum der Besuch nicht mehr kommt, oder jemand, der sonst Nachmittagsangebote gemacht hat." Solche Fragen und Sorgen versuchten die Mitarbeitenden aufzufangen. Sie hätten die Erfahrung und einen "Methodenkoffer", wie sie bestimmte Phänomene Menschen erklären könnten.

Die Mitarbeitenden versuchten, überall die Stimmung hochzuhalten, die Menschen mit ihren Fragen mitzunehmen, und so wenig wie möglich die Klienten vor Ort zu belasten, sagte Veh-Weingarten. "Aktuell bekommen wir das noch gut hin", sagte sie. Es sei aber derzeit nicht abzuschätzen, wie sich es sich entwickele, wenn mehr Mitarbeiter unter Quarantäne gestellt würden oder auch infiziert seien. "Wir bereiten uns aber bestmöglich auf diese Situation vor", sagte Veh-Weingarten. Noch gebe es keinen bestätigten Fall in den Einrichtungen, in denen rund 2.500 Menschen in Nordrhein-Westfalen begleitet werden.