Staatsleistungen an Kirchen werden Thema im Bundestag

Staatsleistungen für Kirche
© Jan Woitas/dpa-Zentralbild
FDP, Grüne und Linke lassen die Debatte um die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen neu aufflammen.
Staatsleistungen an Kirchen werden Thema im Bundestag
Drei Oppositionsparteien haben einen neuen Vorschlag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen vorgelegt. Bisherige Versuche waren gescheitert. Diesmal spricht die evangelische Kirche selbst von einem "hilfreichen Anknüpfungspunkt".

Berlin (epd). FDP, Grüne und Linke lassen die Debatte um die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen neu aufflammen. Die religionspolitischen Sprecher der drei Bundestagsfraktionen legten am Freitag in Berlin einen konkreten Entwurf für ein sogenanntes Grundsätzegesetz vor, das den Rahmen für Ablösezahlungen definieren soll. Seit 100 Jahren sei der Gesetzgeber dazu aufgefordert, sagte der FDP-Politiker Stefan Ruppert. Bislang war die Linke mit Vorschlägen, die als ungerecht gegenüber den Kirchen galten, mit dem Vorhaben gescheitert. Dieses Mal zeigen sich auch die Kirchen gesprächsbereit.

Beide Kirchen erhalten die sogenannten Staatsleistungen als Entschädigung für Enteignung und Säkularisierung kirchlicher Güter vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts. Das Grundgesetz sieht eine Ablösung der Zahlungen vor, die sich derzeit auf mehr als eine halbe Milliarde Euro pro Jahr summieren. Über die konkreten Ablösesummen müssen die Bundesländer mit den evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümern verhandeln.

FDP, Grüne und Linke schreiben in ihrem Gesetzentwurf, dass die Ablösung am Äquivalenzprinzip orientiert sein müsse. Sie schlagen in ihrem Entwurf vor, sich am Bewertungsgesetz zu orientieren, das für "wiederkehrende Nutzungen und Leistungen" einen Wert angibt, der das 18,6-Fache der jährlichen Zahlungen umfasst.

Das ist mehr als bei vorherigen Vorschlägen. Die Linken hatten 2012 eine Ablösung gegen das Zehnfache der jährlichen Zahlungen vorgeschlagen. Unter Kirchenrechtlern kursierte derweil in der Vergangenheit auch ein höherer Faktor, nämlich das 25-Fache der jährlichen Zahlungen.

Die Ablösung könne durch einmalige Zahlungen oder Raten erfolgen, heißt es im Entwurf. Auch eine Entschädigung auf andere Weise - etwa die Zurückgabe von Grundstücken - soll laut Entwurf möglich sein. Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass die Länder fünf Jahre nach Inkrafttreten eines Rahmens im Bund eigene Gesetze zur Ablösung erlassen sollen und die Ablösung selbst dann binnen 20 Jahren - bei einem Inkrafttreten in diesem Jahr also 2040 abgeschlossen sein soll.

"Das ist kein Schritt gegen die Kirchen", betonte der Grünen-Politiker Konstantin von Notz. Er plädierte für faire Verhandlungen. Die Länder hätten selbst ein Interesse daran, dass die Kirchen ihre Infrastruktur nicht zurückschneiden müssten, die gerade im ländlichen Raum eine wichtige Rolle spielte, sagte er. Die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz sagte, man müsse aber endlich dem Anspruch der weltanschaulichen Neutralität des Staates gerecht werden.

Die drei Fraktionen wollen den Entwurf bereits in der nächsten Sitzungswoche des Parlaments diskutieren. Ihnen fehlt aber eine Mehrheit, wenn es zur Abstimmung kommt. In der Koalition herrschte Zurückhaltung. "Wir haben derzeit wichtigere Themen", sagte der SPD-Kirchenpolitiker Lars Castellucci dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er schlug eine Kommission vor, in der alle Betroffenen einen Vorschlag erarbeiten sollen. Der Unionsbeauftragte für die Kirchen, Hermann Gröhe (CDU), wollte den Entwurf nicht kommentieren.

Die evangelische Kirche selbst zeigte sich offen für Gespräche. Der vorgelegte Entwurf der Oppositionsparteien biete "einen hilfreichen Anknüpfungspunkt für weitere notwendige Erörterungen", sagte eine Sprecherin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Ähnlich äußerte sich die Bischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt. Der Finanzderzernent der mitteldeutschen Kirche, Stefan Große, sagte, der Weg zu einer Einigung werde lang und schwierig sein, "ist aber nicht unmöglich".

Der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig bezeichnete den Gesetzentwurf als "eine solide und verfassungskonforme Grundlage, über die man jetzt ernsthaft diskutieren sollte". Er riet dazu, die Bundesländer schnell in die Diskussion einzubeziehen. Sie waren bei dem Thema in der Mehrheit bislang zurückhaltend.

epd lnh/co kfr