Hoher Preis für Frieden: Kabul lässt Taliban-Kämpfer frei

Hoher Preis für Frieden: Kabul lässt Taliban-Kämpfer frei
Zunächst weigerte sich Präsident Ghani: Doch nun will er Schritt für Schritt 5.000 inhaftierte Taliban-Kämpfer freilassen, wie in dem Abkommen zwischen den Aufständischen und den USA vereinbart. Menschenrechtler sind besorgt.

Dubai, Kabul (epd). Afghanistans Präsident Aschraf Ghani will den Weg zu Friedensgesprächen mit den radikal-islamischen Taliban freimachen. Der Staatschef ordnete nach anfänglichem Zögern die Freilassung von 5.000 inhaftierten Taliban-Kämpfern an, wie der TV-Sender Tolo News am Mittwoch berichtete. Demnach sollen zunächst 1.500 Gefangene aus dem Parwan-Gefängnis in Bagram nahe der Hauptstadt Kabul freikommen.

Nach dem Start der geplanten innerafghanischen Gespräche soll schrittweise die Entlassung weiterer 3.500 Kämpfer folgen. Die Freilassung von 5.000 Aufständischen ist Teil des Friedensabkommens zwischen den USA und den radikal-islamischen Taliban, das Ende Februar geschlossen wurde. Zunächst hatte sich Kabul geweigert, die Taliban-Kämpfer freizulassen.

Afghanistans Regierung war an den Verhandlungen nicht beteiligt. Der UN-Sicherheitsrat unterstützt das Friedensabkommen. Das UN-Gremium verabschiedete am Dienstag in New York einstimmig eine von den USA eingebrachte Resolution, in dem die vereinbarten Schritte zur Beendigung des Konflikts in Afghanistan begrüßt werden.

Das Friedensabkommen sieht einen vollständigen Rückzug der zuletzt rund 13.000 US-Soldaten vom Hindukusch innerhalb von 14 Monaten vor. Am Montag begannen die USA bereits mit dem Abzug der Truppen.

Die Taliban kritisierten die Anordnung Ghanis als unzureichend. Mit den USA sei abgemacht, die 5.000 Gefangenen ohne weitere Bedingungen freizulassen, erklärte ein Sprecher. Die afghanische Menschenrechtskommission warnte indes davor, Gefangene freizulassen, denen eine Beteiligung an Kriegsverbrechen und Menschenrechtsvergehen vorgeworfen wird.

Die afghanische First Lady Rula Ghani äußerte ihre Sorge um die Frauenrechte. Ihre "tapferen und unverwüstlichen Schwestern" fürchteten, ihre hart errungenen Fortschritte könnten in den Verhandlungen verloren gehen, sagte sie in einer Video-Botschaft für eine UN-Veranstaltung. Frauen hätten "bittere Erinnerungen" an die Taliban-Herrschaft von 1996 bis 2001.

Die innerafghanischen Gespräche zwischen den Taliban und Repräsentanten aus Regierung, Opposition und anderen Gruppen in Kabul sollten in dieser Woche beginnen. Jedoch durchkreuzte eine politische Krise den Zeitplan: Am Montag war Präsident Ghani feierlich in eine zweite Amtszeit eingeführt worden. Doch auch sein Herausforderer bei der Wahl im September, Abdullah Abdullah, erhebt Anspruch auf den Sieg und hielt eine Amtseinführungsfeier ab. Damit ist unklar, wer in Kabul die Verhandlungen mit den Taliban führen soll.

Zuvor hatte der US-Sonderbotschafter Zalmay Khalilzad erfolglos versucht, mit Ghani und Abdullah einen Kompromiss auszuhandeln. Zuletzt war Abdullah unter Ghani Geschäftsführer der Regierung gewesen. In einem Interview mit Tolo News sagte Khalilzad am Mittwoch, die parallelen Amtseinführungen seien nicht das Ende vom Lied. Ghani und Abdullah könnten in der Zukunft zusammenarbeiten.