Regierung rechnet mit steigender Zahl von Islamisten in Gefängnissen

Regierung rechnet mit steigender Zahl von Islamisten in Gefängnissen
Präventionsprogramme sollen Verbreitung von Extremismus eindämmen
Durch eine steigende Zahl von Islamisten in Haft sieht die Bundesregierung die Gefahr einer zunehmenden Verbreitung von gewaltbereitem Extremismus. Präventionsprogramme und Mitarbeiterschulungen sollen das verhindern.

Essen, Berlin (epd). Die Bundesregierung rechnet offenbar mit einer steigenden Zahl von Islamisten in deutschen Gefängnissen. "In Deutschland nimmt die Zahl der verurteilten Straftäterinnen und Straftäter mit islamistischem Hintergrund kontinuierlich zu", heißt es in einer Antwort des Bundesjustizministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Von diesen Gefangenen könne sich gewaltbereiter Extremismus auf andere Inhaftierte ausbreiten. Ein Präventionsprogramm und Schulungen der Mitarbeiter sollen das verhindern. Die Linkspartei fordert, im Strafvollzug stärker auf Resozialisierung etwa durch mehr muslimische Seelsorge zu setzen.

Nach einer im Jahr 2019 erhobenen Umfrage unter den Ländern befanden sich nach Angaben der Regierung im Juni 2018 bundesweit insgesamt 136 Menschen in Haft, weil sie islamistisch motivierte Straftaten begangen oder Anschläge geplant hatten. Dies berichtete zunächst die Funke Mediengruppe. 77 dieser Islamisten waren laut dem Justizministerium in Untersuchungshaft. Hinzu kämen Inhaftierte, die den Sicherheitsbehörden als Islamisten bekannt seien, jedoch wegen einer nicht politisch motivierten Straftat in Haft seien, hieß es weiter. Das waren im Jahr 2018 demnach 106 Häftlinge.

Laut Bundesregierung würden "immer wieder Personen nach Deutschland zurückkehren, die sich in den Kampfgebieten in Syrien und Irak aufgehalten haben". Das Justizministerium schließe daher eine weitere Zunahme islamistischer Inhaftierter nicht aus. Zuständig für die Unterbringung und Betreuung der Inhaftierten in Deutschland sind die Bundesländer.

Angesichts der steigenden Zahl von Gefangenen, die im Zusammenhang mit islamistisch motivierten terroristischen Straftaten stehen, sehe sich der deutsche Strafvollzug verstärkt mit dem Phänomen des Islamismus konfrontiert, hieß es in der Antwort der Regierung weiter. Um Radikalisierungen entgegenzuwirken, gebe es im Strafvollzug unter anderem Präventions- und Deradikalisierungsprogramme. Außerdem bildeten die Länder Mitarbeiter des Justizvollzugs darin aus, extremistische Haltungen zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren. Wie weit im Justizvollzug islamistische Radikalisierungspotentiale zu beobachten seien, werde derzeit in einem Forschungsprojekt untersucht.

Die Linkspartei forderte als Prävention gegen Islamismus in den Gefängnissen einen "Strafvollzug, der das Ziel der Resozialisierung tatsächlich ernst nimmt". Eine den christlichen Seelsorgern gleichgestellte muslimische Gefängnisseelsorge könne dazu beitragen, den islamistischen Werbern den Wind aus den Segeln zu nehmen, erklärte Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke. Die Seelsorger dürften natürlich nicht selbst aus dem islamistischen Milieu kommen. Wer sich aus seinem normalen Leben herausgerissen in Haft wiederfinde, sei häufig empfänglicher für radikales Gedankengut, warnte die Linken-Politikerin. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, muslimische Gefangene seien aufgrund ihrer religiösen Überzeugung besonderer Willkür ausgesetzt.