Politikwissenschaftler Leggewie: Staat muss entschieden reagieren

Politikwissenschaftler Leggewie: Staat muss entschieden reagieren
22.02.2020
epd
epd-Gesprach: Bettina Markmeyer

Berlin (epd). Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie erwartet nach dem Anschlag von Hanau eine "entschiedene Reaktion des Staates". Leggewie sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Sicherheitsorgane müssten "klare Kante zeigen und das Gewaltmonopol durchsetzen". Es reiche nicht, die Zivilgesellschaft aufzufordern, für den Zusammenhalt im Land einzustehen.

Ein Politiker wie Björn Höcke von der AfD beschimpfe diese Zivilgesellschaft als "Sumpf", den es auszutrocknen gelte. "Das ist eine Gewaltandrohung, nichts anderes", sagte Leggewie. Besser geschützt werden müssten besonders bedrohte Bevölkerungs- und Berufsgruppen sowie Personen, die bei den Rechten auf Listen vermerkt sind. "Auch darf man die dezentralen, wenig organisierten Wehrsportgruppen und Kameradschaften nicht länger gewähren lassen", forderte der Politologe.

Zwar sei die Sprache der Spitzenpolitiker deutlicher geworden, nachdem man in Sachen Rechtsextremismus lange laviert und verharmlost habe. Zur wehrhaften Demokratie gehöre aber "eine glaubhafte Demonstration staatlicher Entschlossenheit", erklärte Leggewie.

Zum Umgang mit der AfD, die nach dem Anschlag von allen anderen Parteien mitverantwortlich gemacht worden war für die Vergiftung des Klimas im Land, empfahl Leggewie eine konsequente Abgrenzung und Benennung ihrer Ziele: "Es geht um die politisch-moralische Ächtung einer Partei, die die repräsentative Demokratie sturmreif schießen will, Andersdenkende und Andersaussehende verfolgt und rechtsextremen Terror als Notwehr verharmlost." Wer heute noch AfD wähle, habe keine Entschuldigung mehr, sagte Leggewie. Deren Anhänger verdienten es nicht, als sogenannte besorgte Bürger ernstgenommen zu werden: "Ihnen muss man energisch widersprechen und Widerstand leisten."

Im hessischen Hanau hatte ein Mann am Mittwochabend nach Polizeiangaben in einer Shisha-Bar und einem Kiosk neun Menschen erschossen. Die Polizei fand den mutmaßlichen Täter und seine Mutter danach tot in deren Wohnung. Der Generalbundesanwalt, der die Ermittlungen führt, sprach von einer "zutiefst rassistischen Gesinnung" des Schützen.