Mehr Hilfen für Kinder suchtkranker Eltern gefordert

Mehr Hilfen für Kinder suchtkranker Eltern gefordert
Sozialträger für verlässliche Finanzierung durch Bund, Länder und Kommunen
Kinder von Alkoholikern und anderen Drogenabhängigen gelten ihr Leben lang gefährdet für psychische Erkrankungen oder soziale Störungen. Deshalb müssten sie eigentlich frühzeitig unterstützt werden. Allerdings fehlen bislang die Angebote.

Berlin (epd). Für Kinder suchtkranker Eltern gibt es in Deutschland nach Ansicht von Sozialverbänden zu wenig Hilfsangebote. Etwa jedes sechste Kind in der Bundesrepublik wachse mit suchtkranken Eltern auf, erklärte die Vorstandsvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin, Barbara John, am Montag zum Auftakt einer bundesweiten Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien. Bundesweit gebe es für die rund drei Millionen Kinder aber nur etwa 200 spezialisierte Angebote. Diese Kinder lebten selbst mit einem hohen Risiko, suchtkrank zu werden, warnte John.

Sozialverbände und Beratungsstellen forderten anlässlich der Aktionswoche die im Bundestag vertretenen Parteien auf, die Finanzierung von Hilfsangeboten für Kinder suchtkranker Eltern besser abzusichern. Die in diesem Jahr anstehende Novellierung des Sozialgesetzbuches VIII zur Kinder- und Jugendhilfe biete dafür die Gelegenheit. Für die bislang existierenden Unterstützungsangebote für Kinder gebe es bislang keinerlei gesetzliche Regelung zur Finanzierung, hieß es zur Begründung. Dabei gehe es konkret darum, wie etwa Kommunen künftig Präventionsangebote für Kinder finanzieren sollen und freie Träger Zugang zu entsprechenden Förderungen etwa durch Krankenkassen bekommen.

Im Rahmen der bis Samstag dauernden Aktionswoche sind 120 Veranstaltungen in mehr als 60 Städten geplant, darunter viele Weiterbildungen für Fachkräfte. Initiatoren sind der Berliner Verein Nacoa Deutschland - Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien und der in Hamburg sitzende Verein Such(t)- und Wendepunkt.

Kinder aus Suchtfamilien sind den Angaben zufolge die größte bekannte Risikogruppe für eine eigene Suchterkrankung. Sie seien lebenslang hochgefährdet für psychische Krankheiten und soziale Störungen. Unter Hinweis auf den aktuellen DAK-Kinderreport heißt es, auf diese Kinder entfielen um 32 Prozent höhere Gesundheitskosten. Auch sei die Gefahr, Bildungsversager zu werden, bei diesen Kindern besonders hoch. Dafür seien in der Regel nicht mangelnde Intelligenz, sondern die ständigen Sorgen um die Eltern, das geringere Selbstbewusstsein, Versagensängste, geringere Stimulanz im Elternhaus und Defizite in der sozialen Kompetenz ursächlich.

Eine vom Bundestag einberufene Arbeitsgruppe habe zwar Empfehlungen erarbeitet. Doch in ihrem im Dezember 2019 abgegebenen Abschlussbericht seien "die vom Parlament geforderten Vorschläge für eine Finanzierung flächendeckender Angebote nicht enthalten". Grund sei, dass die Vertreter der beteiligten Bundesministerien sich nicht einigen konnten, heißt es in einer Pressemitteilung von Nacoa.

Als Positivbeispiel für die Förderung von Hilfsangeboten für Kinder suchtkranker Eltern wird unter anderem Berlin genannt. Nachdem es in der Hauptstadt in der Vergangenheit im Vergleich zu Bundesländern wie Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz kaum Landesmittel für Projekte freier Träger gegeben habe, habe der Senat im Doppelhaushalt 2020/21 dafür insgesamt eine halbe Million Euro zur Verfügung gestellt. Hiervon sollen unter anderem Projekte der Träger vista gGmbH, Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige sowie von Nacoa gefördert werden.