Kriminologe Bliesener gegen Waffenschein für Bürgermeister

Kriminologe Bliesener gegen Waffenschein für Bürgermeister

Bielefeld (epd). Der Kriminologe Thomas Bliesener hat sich einem Zeitungsbericht zufolge gegen eine Ausstellung von Waffenscheinen für von Gewalttaten bedrohte Bürgermeister oder andere Mandatsträger ausgesprochen. "Waffenpräsenz führt eher zum Waffeneinsatz", sagte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen" (Donnerstag). "Wir sollten eigentlich darauf hinzielen, Waffen weitestgehend zu verbannen."

Bliesener wies darauf hin, dass der Staat sein Gewaltmonopol aufgebe, wenn er Mandatsträgern erlaube, zum Ziel des Selbstschutzes einen Waffenschein zu bekommen. "Es ist ein fatales Signal, wenn wir durch die Ausstattung von Mandatsträgern mit Waffen zeigen, dass wir nicht in der Lage wären, den Schutz selber auszuüben", sagte er. Der Staat habe Möglichkeiten, bedrohte Personen zu schützen. Natürlich könne man nicht jeden Mandatsträger mit einer persönlichen Leibwache der Polizei ausstatten. Aber es ließen sich durchaus auch Schutzkonzepte in Kooperation mit Ordnern oder freiwilligen Kräften entwickeln, sagte der Kriminologe.

Angesichts von Drohungen gegen Kommunalpolitiker hatte zuvor der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer eine Lockerung des Waffenrechts für betroffene Mandatsträger gefordert. "Politiker, die aktuell Todesdrohungen ausgesetzt sind, die auch aus der Sicht der Polizei ernst zu nehmen sind, und trotzdem vom Staat keinen vollumfänglichen Personenschutz erhalten, sollten zum einen zeitlich befristet einen Großen Waffenschein und zum anderen auf Leihbasis die von ihnen beantragte Waffe bekommen", sagte der frühere Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Mittwoch). Das Waffenrecht müsse entsprechend geändert werden.

Die Diskussion rund um eine Erteilung eines Waffenscheins für Kommunalpolitiker kam im Zusammenhang mit dem Fall des Kamp-Lintforter Bürgermeisters Christoph Landscheidt (SPD) auf, der nach Drohungen Rechtsextremer einen sogenannten Großen Waffenschein für das Führen einer Schusswaffe beantragt hatte. Inzwischen zog Landscheidt den Antrag zurück.