Amnesty: Menschenrechte weltweit unter Druck

Amnesty: Menschenrechte weltweit unter Druck
Deutschland zu klarer Haltung aufgefordert
In vielen Ländern sind laut Amnesty International Menschenrechtsverletzungen auf der Tagesordnung. Aber auch in Deutschland werde die Einhaltung dieser grundlegenden Rechte zusehends weniger honoriert.

Berlin (epd). Die Menschenrechte sind sich nach Einschätzung von Amnesty International weltweit unter Druck. Zugleich wachse in vielen Ländern und Regionen wie Hongkong, Iran, Irak, Sudan oder Venezuela aber auch der Protest gegen Menschenrechtsverletzungen. "Die Menschen nehmen staatliches Versagen nicht mehr ohne weiteres hin", sagte der Generalsekretär von Amnesty Deutschland, Markus N. Beeko, am Montag in Berlin: "Wir haben in den vergangenen Monaten eindrucksvoll erlebt, wie die Bevölkerung mit friedlichem Protest auf Angriffe durch Regierungen und Unternehmen auf ihre Menschenrechte reagiert hat."

Beeko äußerte sich zum Internationalen Tag der Menschenrechte, der weltweit am 10. Dezember begangen wird. Der Tag erinnert an die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die UN-Vollversammlung am 10. Dezember 1948 in Paris.

Auch 2019 habe es viel zu viele Angriffe auf die Menschenrechte gegeben, sagte Beeko. Mit teilweise erschreckender und tödlicher Menschenverachtung seien in vielen Ländern Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten vorgegangen. So wurden bei den Protesten gegen höhere Benzinpreise im Iran laut Beeko bislang 208 Menschen getötet. Im Irak, wo sich die Demonstrationen unter anderem gegen die Korruption richteten, kamen bereits mehr als 300 Menschen ums Leben.

Staatliche Menschenrechtsverletzungen stehen laut Amnesty auch in China, Indien oder den USA auf der Tagesordnung. China unterdrücke massiv die muslimische Minderheit der Uiguren, Indien gehe ebenfalls zunehmend gegen religiöse Minderheiten vor. In den USA seien über 60.000 Kinder von Migranten interniert worden. "Wo bleibt der internationale Aufschrei?", fragte Beeko.

Unter Druck seien die Menschenrechte aber auch in den EU-Ländern Ungarn und Polen. In Ungarn schürten Regierung und Medien ein feindseliges Klima gegenüber Menschenrechtsorganisationen, sagte Janine Uhlmannsiek, Europa-Expertin von Amnesty Deutschland. Sie seien Zielscheibe von Diffamierungskampagnen wie der Behauptung, Amnesty Ungarn forciere die illegale Migration. In Polen werde die Unabhängigkeit der Justiz eingeschränkt. Richter und Staatsanwälte, die sich dagegen wehren, würden schikaniert.

Aber auch in Deutschland werde die Einhaltung von Menschenrechten zusehends weniger honoriert, kritisierte Beeko. Er warnte davor, sich weiterhin Debatten wie solche über Abschiebung von Straftätern in Krisenländer aufdrängen zu lassen, die eindeutig den Völker- und Menschenrechten widersprächen. Daran zeige sich, wie "fragil" das rechtsstaatliche Verständnis in Politik und Gesellschaft zum Teil sei.

Laut einer Umfrage unter 1.000 Deutschen im Auftrag von Amnesty wird das auch von Teilen der Bevölkerung so wahrgenommen. 60 Prozent der Befragten hätten demnach den Eindruck, dass menschenrechtsfeindliche Einstellungen in der politischen Debatte eher zunehmen und dass sich die Situation der Menschenrechte in Deutschland in Bezug auf Rassismus verschlechtert habe. 61 Prozent fänden, dass die Bundesregierung zu wenig tut, um Menschen vor rassistischen und antisemitischen Angriffen zu schützen. 77 Prozent meinen, dass die Regierung auf Staaten, die die Menschenrechte verletzen, mehr Druck ausüben sollte.