Kein Durchbruch bei Notfallmechanismus für Flüchtlinge

Kein Durchbruch bei Notfallmechanismus für Flüchtlinge
Seehofer: Potenziell macht rund ein Dutzend weiterer Länder mit
Helsinki, Paris, Vittoriosa, Luxemburg: Über den Notfallmechanismus für Flüchtlinge wurde seit dem Frühsommer an unterschiedlichsten Schauplätzen gesprochen. Eine breite Mehrheit konnte das Vorhaben in der EU aber nicht gewinnen.

Luxemburg (epd). Beim EU-Innenministertreffen in Luxemburg ist ein Durchbruch in der Frage des Notfallmechanismus für Flüchtlinge ausgeblieben. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach nach dem Treffen am Dienstag von einem Dutzend weiterer Länder, die dem von Deutschland, Frankreich, Italien und Malta vereinbarten Verteilmechanismus für aus Seenot gerettete Flüchtlinge wohlwollend gegenüberstehen. Konkrete Zusagen, künftig stets Migranten zu übernehmen, oder feste Aufnahmequoten gibt es demzufolge aber nicht.

"Wir haben eine Reihe von Ländern, die bisher schon mitgemacht haben und wohl auch künftig mitmachen, wie Luxemburg, Irland, Portugal; Litauen hat sich auch sehr positiv eingelassen", erklärte Seehofer nach den Verhandlungen. Eine weitere Gruppe von Ländern wolle sich zunächst über die "technische Umsetzung" der Malta-Vereinbarung informieren, was am Freitag passieren solle. Eine dritte Gruppe schließlich halte die Vereinbarung für gut, habe aber wie beispielsweise Spanien selbst so großen Migrationsdruck, dass sie nicht mitmachen könne.

Seehofer zufolge kämen zu den vier Staaten der Malta-Vereinbarung damit potenziell noch rund ein weiteres Dutzend hinzu. "Ich kann Ihnen aber jetzt nicht sagen, dass am Schluss auch zwölf mitmachen." Deutschland, Frankreich, Italien und Malta fühlten sich dessenungeachtet an ihre Vereinbarung gebunden. Wenn also ein neues Schiff mit aus Seenot Geretteten auftaucht, würde mit ihnen nach dieser Vereinbarung verfahren, kündigte Seehofer an.

Der vor zwei Wochen auf Malta vereinbarte Mechanismus soll die Anlandung und Verteilung von auf dem zentralen Mittelmeer geretteten Migranten in geordnetere Bahnen lenken. Rettungsschiffe sollen nicht mehr Tage bis Wochen auf See ausharren müssen, bis sie in einen Hafen einlaufen dürfen. Deutschland hat bereits zugesagt, jeweils ein Viertel der Menschen aufzunehmen. Zugleich betonte Seehofer in Luxemburg, dass der Mechanismus freiwillig sei und Deutschland jederzeit aussteigen könne, wenn die Zahlen der Ankömmlinge stark steigen würden.

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos sagte in Luxemburg, die Diskussion über den Verteilungsmechanismus laufe weiter. Es sei unklar, wie viele Länder sich beteiligen würden, er hoffe, so viele wie möglich.

Die Grünen-Politikerin Luise Amtsberg bewertete die Ergebnisse des Treffens als "Schritt in die richtige Richtung". Ähnlich urteilten die stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Eva Högl und Achim Post: "Jetzt kommt es darauf an, nach und nach weitere Staaten zur Zusammenarbeit bei der Aufnahme und Verteilung von aus Seenot geretteten Flüchtlingen zu bewegen."

Kritik übte dagegen Österreich. Innenminister Wolfgang Peschorn deutete in Luxemburg an, dass der Notfallmechanismus von bisherigen EU-Beschlüssen abweiche. Eigentlich habe man in Europa doch festgelegt, dass es geordnete Asylverfahren geben, die Außengrenzen geschützt und illegale Schlepperei bekämpft statt belohnt werden sollte, sagte Peschorn.

Griechenland, Zypern und Bulgarien zeigten sich unterdessen unzufrieden, dass durch die Debatte ihre eigene Situation aus dem Blick geraten sei. "Die östliche Mittelmeer-Route wurde nicht angemessen angegangen", heißt es in einem gemeinsamen Papier der drei aus Anlass des Treffens. Es stellt die Zahlen der Ankünfte auf der zentralen Mittelmeerroute - also von Libyen nach Italien und Malta, um die sich der Notfallmechanismus dreht - den Zahlen im Osten und Westen gegenüber. So seien allein zwischen 2. und 9. September auf der zentralen Route 480 Ankünfte von Migranten gezählt worden, auf der westlichen aber 736 und auf der östlichen 2.707.

Die Aufmerksamkeit solle sich deshalb wieder dem Osten zuwenden, fordern Griechenland, Zypern und Bulgarien. Sie wollen einen "wirksamen Umverteilungsmechanismus" für Ersteinreiseländer "auf allen Migrationsrouten", einen EU-Mechanismus für Rückführungen und mehr Geld.