Wege aus der Waldkrise

Wege aus der Waldkrise
Fachleute, Umweltschützer und Forstwirtschaft suchen auf dem Waldgipfel Strategien für eine Folgeanpassung an den Klimawandel
Gemeinsam den Wald retten: Diesen Appell richtete Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner an die Teilnehmer des Waldgipfels und mahnte, ideologische Widerstände zu überwinden.

Berlin (epd). Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat zum Auftakt des nationalen Waldgipfels konkrete Schritte zur Anpassung des Waldes an den Klimawandel vorgelegt. In einem 13 Punkte umfassenden Papier schlägt sie unter anderem vor, geschädigte Flächen bevorzugt mit heimischen Baumarten zu bewalden, Eigentümer von kleinen Privatwäldern zu fördern, mehr Waldfachkräfte auszubilden und Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft klimafreundlich zu verwenden. An dem Treffen nehmen Vertreter von Umweltverbänden, aus der Forst- und Holzwirtschaft und der Forschung teil. Gemeinsam suchen sie Lösungen für eine Verbesserung des dramatischen Waldzustands in Deutschland.

"Unserem deutschen Wald geht es nicht gut", sagte Klöckner zum Auftakt. Der Klimawandel habe ihn weitaus schneller getroffen als erwartet. Das Ministerium geht mittlerweile von 180.000 Hektar geschädigtem Wald aus, 70.000 Hektar mehr als noch im April diesen Jahres angenommen. Allein in den vergangenen beiden Jahren seien 105 Millionen Festmeter Schadholz entstanden.

Der Wald müsse leistungsfähig bleiben und auch für künftige Generationen nachhaltiges Holz als klimafreundlichen, nachwachsenden Rohstoff liefern können, sagte Klöckner. Sie schlug außerdem vor, geschädigte Bäume aus dem Wald zu holen, um die Ausbreitung des Borkenkäfers zu verhindern, eine zielgerichtetere Jagd gegen Baumschäden durch Wild zu entwickeln sowie vorbeugende Maßnahmen gegen Waldbrände. Die Vorschläge verstand Klöckner als Diskussionsgrundlage für den Waldgipfel. Die Ergebnisse daraus sollen in die Waldstrategie 2050 fließen, die das Ministerium Ende 2020 vorlegen will.

An die teilnehmenden Verbände appellierte die Ministerin, ideologische Widerstände und ein "Schwarz-Weiß-Denken" zu überwinden. Für die kommenden vier Jahre handelte Klöckner nach eigenen Aussagen 547 Millionen Euro aus dem Energie- und Klimafonds für den Wald aus. Hinzu kämen die Kofinanzierungen der Bundesländer und zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt. Insgesamt stünden damit rund 800 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren für den Wald zur Verfügung.

Die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Beate Jessel, unterstrich: "Wir haben kein Waldsterben, wir haben eine Waldkrise." Diese biete die Chance, waldbauliche Konzepte der vergangenen Jahre, die mit der Wiederaufforstung nach dem Zweiten Weltkrieg begann, kritisch zu hinterfragen. Die Herausforderungen könnten nur alle Akteure gemeinsam meistern.

Der Leiter der nordwestdeutschen forstlichen Versuchsanstalt, Herrmann Spellmann, sagte: "Der Wald geht uns alle an." Er sei Erlebniswelt für Familien, biete Erholung, sei Holzlieferant und Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Dies rechtfertige eine finanzielle Unterstützung der Waldbesitzer bei den Klimaanpassungen. Spellmann mahnte zudem eine langfristige Strategie an: "Der Klimawandel wird uns noch auf Jahrzehnte beschäftigen."

Der Präsident der deutschen Forstwirtschaft, Georg Schirmbeck, betonte, viele Waldbesitzer hätten durch Stürme, Dürren und Käferbefall ihr gesamtes forstwirtschaftliches Vermögen verloren. Deshalb müsse der Staat 100 Prozent der Wiederbewaldung übernehmen. Steffen Rathke, Präsident des deutschen Holzwirtschaftsrat, appellierte an Bund und Länder, das Baurecht zu modernisieren, um Bauen mit Holz zu erleichtern.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland bezeichnete eine "ökologische Waldwende" als überfällig. "Die Waldkrise, die wir jetzt sehen, ist ein Alarmsignal und ein Weckruf", hieß es. Dazu müsse die Bundesregierung "endlich ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen beschließen und nicht Pillepalle wie im Klimapaket".