Kulturverbände kritisieren Verzicht auf EU-Kulturkommissar

Kulturverbände kritisieren Verzicht auf EU-Kulturkommissar

Köln, Berlin (epd). Kulturverbände kritisieren, dass es in der neuen EU-Kommission keinen Posten mehr für Kultur geben soll. In der Praxis komme die Kultur auf europäischer Ebene schon jetzt viel zu kurz, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, am Freitag im Deutschlandfunk. Dass die Kultur nun auch aus dem Titel der zuständigen Kommissarin gestrichen werde, bedeute eine weitere Abwertung. Auch der Deutsche Musikrat und der Bühnenverein beklagen den Wegfall des Kulturressorts.

Bisher gibt es bei der EU einen Kommissar für "Bildung, Kultur, Jugend und Sport", den Ungarn Tibor Navracsics. Er ist auch für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien zuständig. Die künftige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) plant nun ein Ressort "Innovation und Jugend". Die von ihr für diesen Bereich vorgesehene Kommissarin, die Bulgarin Marija Gabriel, soll sich auch um den Schutz des kulturellen Erbes und um die Förderung der Kreativindustrie kümmern.

Der Deutsche Musikrat hatte bereits am Donnerstag an von der Leyen appelliert, der Kultur in der Kommission einen stärke Rolle zuzuweisen, als bisher vorgesehen. Nachdem sie nicht einmal mehr im Titel einer Generaldirektion auftauche, sei es dringend geboten, "Kultur als Querschnittsaufgabe innerhalb der Kommission zu verstehen", sagte Präsident Christian Höppner. Dazu könne etwa eine Kulturverträglichkeitsprüfung für die Vorhaben der Kommission beitragen, die bereits im Maastrichtvertrag angelegt sei.

Die EU sei angesichts auseinanderdriftender Gesellschaften mehr denn je darauf angewiesen, sich als Wertegemeinschaft zu verstehen und das Recht auf nationale Kulturpolitiken und die Dimension einer europäischen Kulturpolitik auszubalancieren, betonte Höppner. Der Deutsche Bühnenverein bezeichnete die geplante Abschaffung eines eigenen Portfolios für Kultur und Bildung als "schlechtes Signal für Europa".

Kulturratschef Zimmermann sieht in der Debatte auch indes auch eine Chance: "Vielleicht besteht ja jetzt die Chance, wenn wir uns jetzt über den Namen, die Bezeichnung, streiten, dass wir dann auch nochmal über die Inhalte reden, nämlich dass wir eigentlich ja ein europäisches Kulturprojekt ja doch verteidigen wollen und dafür muss es auch eine gemeinsame europäische Kulturförderung geben."

Das Europäische Parlament muss dem Kollegium der EU-Kommission noch zustimmen. Dem geht eine Anhörung sämtlicher designierter Kommissionsmitglieder im Parlament voraus. Am 1. November soll die neue Kommission ihre Arbeit aufnehmen.