Experte: Mehr öffentliches Geld für Antibiotika-Forschung

Experte: Mehr öffentliches Geld für Antibiotika-Forschung

Bremen (epd). Angesichts von Engpässen in der Antibiotika-Forschung fordert der Bremer Gesundheitswissenschaftler Gerd Glaeske mehr Kooperationen zwischen den Pharma-Unternehmen und dem Staat. "Es ist inzwischen ein öffentliches Problem geworden, also sollten auch öffentliche Mittel für die Forschung eingesetzt werden", sagte der Pharmazie-Professor am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Unternehmen müssten ihre Labore für die Entwicklung neuer Antibiotika zur Verfügung stellen und die dann entwickelten Medikamente günstig anbieten. "Sie dürfen damit keine Profite machen."

Der NDR hatte berichtet, dass fast alle großen Pharma-Konzerne die Forschung an Antibiotika mittlerweile eingestellt haben. Sie hielten die mühsame und teure Entwicklung neuer Wirkstoffe für nicht mehr rentabel. "Dabei brauchen wir dringend neue Wirkstoffe", betonte Glaeske, wissenschaftlicher Leiter der Arzneimittelberatung an der Universität Bremen. "Bakterien entwickeln immer wieder schnell Resistenzen, wenn Antibiotika, leider wie noch immer, zu schnell und oft auch unnötig eingesetzt werden."

Antibiotika hemmen oder töten Bakterien. Sie werden deshalb gegen bakteriell verursachte Infektionen eingesetzt. Gegen virusbedingte Infektionen sind sie nicht wirksam. Allerdings stellen sich laut Glaeske auch Bakterien rasch auf diese Medikamente ein, wenn sie zu viel oder zu lange mit einem bestimmten Antibiotikum bekämpft werden. Das Medikament wirke dann auf Dauer nicht mehr. Bei schweren und hartnäckigen Infektionen seien deshalb mehrere Alternativen nötig, die bis dahin in Reserve geführt und nur im Ernstfall verwendet werden sollten, erläuterte der Forscher. Allein deshalb müssten alle fünf bis zehn Jahre zwei bis drei neue Gruppen von Antibiotika auf den Markt kommen.

Weil es an neuen Medikamenten mangele, griffen Ärzte inzwischen auch bei weniger schwerwiegenden Infektionen auf Reserve-Antibiotika zurück, auch bei Kindern, kritisierte der Experte. Das führe dann auch zu resistenten Bakterien bei gravierenden Infektionen. Derzeit ist zwar ein leichter Rückgang der Antibiotika-Verordnungen zu verzeichnen. Aber noch immer starben im Jahr 2015 in der Europäischen Union mehr als 33.000 Menschen aufgrund von Antibiotika-Resistenzen. In Deutschland waren es rund 2.400.