Steinmeier und Merkel reisen zum Weltkriegsgedenken nach Polen

Steinmeier und Merkel reisen zum Weltkriegsgedenken nach Polen
Mit dem Überfall auf Polen begann am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg. Zu Gedenkfeiern am Wochenende reisen Kanzlerin Merkel und Bundespräsident Steinmeier ins Nachbarland. Das deutsche Staatsoberhaupt wird in Warschau eine Rede halten.

Frankfurt a.M., Berlin (epd). 80 Jahre nach dem deutschen Überfall auf Polen erinnern Politiker und Kirchen am Wochenende an den Beginn des Zweiten Weltkrieges und gedenken der Toten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist dazu ins polnische Wielun und nach Warschau. An der zentralen Gedenkveranstaltung in Warschau, bei der Steinmeier eine Rede halten wird, nimmt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teil, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag mitteilte. In Warschau, Berlin und Frankfurt an der Oder finden zudem Gedenkgottesdienste statt.

Während als historischer Gedenkort in den vergangenen Jahren vor allem die Halbinsel Westerplatte bei Danzig im Mittelpunkt stand, wo deutsche Soldaten am frühen Morgen des 1. September 1939 nach inszenierten Vorfällen an der Grenze das Feuer auf ein polnisches Munitionsdepot eröffneten, lenken der polnische Präsident Andrzej Duda und sein deutscher Amtskollege Steinmeier in diesem Jahr den Blick auf die Stadt Wielun. Dort flog die deutsche Luftwaffe etwa zeitgleich zu den ersten Gefechten auf der Westerplatte mehrere Angriffe. Von den rund 15.000 Einwohnern kamen an diesem Tag mindestens 1.000 Frauen, Männer und Kinder ums Leben.

Steinmeier und Duda werden für Sonntag zum Gedenken in Wielun erwartet, das zum Zeitpunkt der ersten Angriffe vor 80 Jahren beginnt. Sie reisen später weiter in die Hauptstadt Warschau, wo am Mittag eine Gedenkfeier mit weiteren Staats- und Regierungschefs stattfindet. Aus den USA wird Vizepräsident Mike Pence erwartet. An dieser Veranstaltung wird auch Kanzlerin Merkel teilnehmen.

Auch die Kirchen gedenken am Wochenende der mindestens 60 Millionen Toten des Krieges. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, nannte es ein "Zeichen der Stärke", wenn sich Deutschland auch zu diesem Teil seiner Geschichte bekenne und zu der Verantwortung, die daraus folge. Er predigt am Sonntag im ZDF-Fernsehgottesdienst, der aus Frankfurt an der Oder nahe der polnischen Grenze übertragen wird.

Bereits am Samstag feiern Polen und Deutsche in Warschau einen ökumenischen Gottesdienst. Es predigen die stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende und Beauftragte des Rates für die deutsch-polnischen Beziehungen, Annette Kurschus, und der Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, Bischof Jerzy Samiec. Zu einem Gedenkgottesdienst am Sonntag mit den evangelischen Berliner Bischof Markus Dröge im Berliner Dom wird unter anderen Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) erwartet.

Vor ihrer Reise nach Warschau hob Kurschus die Notwendigkeit eines gemeinsamen Erinnerns von Deutschen und Polen hervor. Gegenseitiges Zuhören sei Voraussetzung für "gegenseitiges Verstehen und versöhnende Schritte auf einander zu", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). "In einem zweiten Schritt wird es darauf ankommen, die zurückliegenden Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte wirklich gemeinsam zu betrachten und gemeinsam zu erzählen", sagte Kurschus.

Nötig ist nach Worten der Theologin auch der gemeinsame Blick nach vorn. "Es liegen Aufgaben vor uns, die wir nur gemeinsam angehen können", betonte sie. Als Beispiele nannte Kurschus die Verteidigung der Demokratie und der Menschenrechte sowie die Sorge um Chancen- und Verteilungsgerechtigkeit in der EU. Auch der konsequente Einsatz für weltweite Klimagerechtigkeit und ein abgestimmtes Vorgehen im Blick auf Migration könne nur gemeinsam Erfolg haben.

In den vergangenen Tagen hatte es wiederholt Forderungen nach einem Denkmal für die polnischen Opfer der deutschen Besetzung Polens gegeben. Unterstützt wurden sie unter anderem von Bundestagspräsident Schäuble. Die Bundesregierung wollte sich am Freitag dazu nicht positionieren. Ein Denkmal, wie es jetzt in der Diskussion sei, bedürfe einer öffentlichen Debatte im Bundestag, sagte Regierungssprecher Seibert in Berlin. Das sei bei den Denkmälern für die ermordeten und verfolgten Juden, Homosexuellen oder die Opfer der nationalsozialistischen "Euthanasie"-Morde der Fall gewesen. Auch diese Debatte sollte im Parlament geführt werden, sagte Seibert.

epd kfr/co/lwd/fu