Klimawandel bedroht laut UN die Ernährungssicherheit

Klimawandel bedroht laut UN die Ernährungssicherheit
Schulze: «Klimaschutz ist Existenzfrage für uns Menschen»
Der Weltklimarat warnt: Die Menschen müssen sich auf steigende Lebensmittelpreise, eine sinkende Qualität von Agrarprodukten und Störungen in den Lieferketten einstellen. Experte Rockström spricht von einem "planetaren Notstand".

Genf/Berlin (epd). Der Klimawandel bedroht laut den Vereinten Nationen immer stärker die Ernährungssicherheit der Weltbevölkerung. Dürren, Hitzewellen, Sandstürme, starke Regenfälle und die Erosion von Böden schädigten und verkleinerten die landwirtschaftlichen Nutzflächen, hieß es in dem am Donnerstag in Genf veröffentlichten Sonderbericht "Klimawandel und Land" des Weltklimarates. Das UN-Gremium und auch Umweltschutzverbände forderten eine radikale Kehrtwende in der Landwirtschaft, die selbst zum Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase beitrage.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sicherte angesichts des Berichts mehr Engagement der Regierung für den Klimaschutz zu. "Klimaschutz ist eine Existenzfrage für uns Menschen", sagte Schulze. Sie setze sich dafür ein, dass Deutschland und die Europäische Union einen starken Beitrag leisteten, um den Planeten zu retten.

Der Weltklimarat betonte in seinem Bericht, dass die Ernteerträge der Agrarwirtschaft schrumpfen würden. Priyadarshi Shukla, Co-Vorsitzender einer der Arbeitsgruppen des Expertengremiums, fügte hinzu, dass sich die Verbraucher auf steigende Preise, eine sinkende Qualität und Störungen in den Lieferketten einstellen müssten. Nach Angaben der Vereinten Nationen hungern weltweit mehr als 820 Millionen Menschen.

Der Druck auf die Lebensmittelversorgung werde besonders drastisch in armen Ländern in Afrika, Asien, der Karibik und Lateinamerika zu spüren sein, hielt der Klimarat fest. Den Angaben nach leben bereits 500 Millionen Menschen in Regionen, in denen sich Wüsten ausbreiten.

Die Fachleute warnten vor einem Teufelskreis. Der Klimawandel beeinträchtige die Anbaumöglichkeiten auf den Nutzflächen und lasse die Produktivität sinken. Dadurch würden die Fähigkeiten der Oberflächen und Gewächse eingeschränkt, das klimaschädliche Kohlendioxid zu absorbieren.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) beschrieb die Klimakrise als eine zentrale Herausforderung. "Wir sehen die Natur als Schöpfung Gottes, deswegen kann uns nicht unberührt lassen, was sie zerstört", erklärte EKD-Referentin Ruth Gütter. Der Mensch sei Ebenbild Gottes. "Deswegen können wir die Verletzung der Grundbedürfnisse vieler Menschen niemals hinnehmen", sagte sie.

Angesichts der Warnungen des Weltklimarats riefen Klimaschützer zu einer ökologischen Agrarwende auf. Die Klimaziele ließen sich nur erreichen, wenn die Fleischproduktion weltweit deutlich sinkt, erklärte die Umweltorganisation Greenpeace. Durch die Abholzung von Wäldern, die Ausbreitung des Anbaus von Futterpflanzen sowie die Emissionen aus der Massentierhaltung werde der Klimanotstand verschärft. Die Deutsche Umwelthilfe verlangte wirksame Mechanismen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln.

Der Klimaexperte Johan Rockström fordert einen Umbau der Weltwirtschaft. Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) sprach von einem "planetaren Notstand". Es werde zudem deutlich, "dass sich das Zeitfenster für entschlossene Maßnahmen schnell schließt und dass die Kosten der Untätigkeit katastrophal sein werden".

Dem Sekretariat des Weltklimarates in Genf zufolge trugen 107 Autoren zu dem Bericht bei, mehr als die Hälfte von ihnen aus Entwicklungsländern. Die Autoren hätten 7.000 wissenschaftliche Schriften ausgewertet.

Der Weltklimarat hatte 2007 zusammen mit dem Ex-US-Vizepräsidenten Al Gore den Friedensnobelpreis erhalten. Gegründet wurde der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) vom UN-Umweltprogramm und der Weltorganisation für Meteorologie.

epd her/mey fu