Krankenkassen sollen Kosten für Gesundheits-Apps übernehmen

Krankenkassen sollen Kosten für Gesundheits-Apps übernehmen
Kirchlicher Pflegeverband fordert digitale Abrechnungen

Berlin (epd). Ärztinnen und Ärzte sollen künftig Gesundheits-Apps für das Smartphone verschreiben können. Das sieht das Digitale-Versorgungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, dessen Entwurf am Mittwoch im Kabinett beschlossen wurde. Die Kosten für die digitalen Anwendungen sollen zunächst ein Jahr lang von den Kassen übernommen werden. Die AOK mahnte Korrekturen am Gesetzentwurf an. Der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) forderte die Kassen auf, Verordnungen und Abrechnungen für Pflegedienste zu vereinheitlichen und zu digitalisieren.

Krankenhäuser und Ärzte sollen sich bis 2020 sowie Apotheken bis 2021 über eine digitale "Telematik-Infrastruktur" vernetzen, um Patientendaten auszutauschen. Geschieht das nicht, sieht das Gesetz Honorarkürzungen für die Ärzte vor. Sie werden außerdem dazu angehalten, elektronische Post zu versenden und auch Heil- und Hilfsmittel digital zu verschreiben. "Die Zettelwirtschaft wird abgelöst durch digitale Lösungen. Bislang erhalten Ärzte für ein versendetes Fax mehr Geld als für das Versenden eines elektronischen Arztbriefs", betonte das Ministerium.

Online-Sprechstunden für Patienten sollen künftig leichter zu finden sein. Ärzte, die eine digitale Konsultation anbieten, sollen damit auf ihrer Internetseite werben dürfen. Mit dem Gesetz wird auch der Innovationsfonds im Gesundheitswesen verlängert. Bisher war er mit 300 Millionen Euro pro Jahr ausgestattet, ab 2020 mit 200 Millionen Euro. Das Gesetz muss nicht durch den Bundesrat.

Gesundheitsminister Spahn sagte: "Patienten sollen sich darauf verlassen können, dass digitale Anwendungen und sinnvolle Apps schnell und sicher in die Versorgung kommen." Für die Hersteller werde ein zügiger Zulassungsweg geschaffen.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte prüft in einer ersten Stufe Sicherheit, Funktion, Qualität, Datenschutz und Datensicherheit der Digitalprodukte. Die Kosten werden dann zunächst für ein Jahr lang von der Krankenkasse erstattet. In dieser Zeit muss der Hersteller nachweisen, dass die App die Versorgung tatsächlich verbessert.

Maria Klein-Schmeink, Grünen-Sprecherin für Gesundheitspolitik im Bundestag, rügte, dass im Gesetz sämtliche Regelungen zur elektronischen Patientenakte fehlten. "Damit ist die Akte zum Start nur eine nutzlose Attrappe, denn die Versicherten haben auch keinen Anspruch, dass Leistungserbringer dort Daten ablegen." Spahn müsse umgehend dafür sorgen, dass Versicherte Datenschutzeinstellungen in der Akte vornehmen könnten.

Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, begrüßte das Gesetz, mahnte jedoch Korrekturen an. "Tempo geht nicht vor Qualität. Die Interessen der Patienten sowie der Datenschutz müssen weiterhin oberste Priorität haben." Deshalb sei es sinnvoll, Details zum Start der elektronischen Patientenakte später gesetzlich zu regeln und dann auch rechtssicher zu machen.

Zudem warnte er vor den Kosten: Das Gesetz enthalte die Vorgabe, dass digitale Gesundheitsanwendungen ohne ausreichende Überprüfung ihres Nutzens von den Kassen bezahlt werden müssten.

"Alle reden von Digitalisierung im Gesundheitswesen, aber den Pflegediensten stellen die Krankenkassen bislang noch nicht einmal primitivste IT-Werkzeuge zur Abrechnung zur Verfügung", sagte der DEVAP-Vorsitzende Bodo de Vries dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er forderte die Krankenkassen zugleich auf, digitale Unterschriften im Abrechnungsweisen einzuführen, um etwa vermehrt Tablets bei Hausbesuchen nutzen zu können.

Für das Fehlen einer einheitlichen Digitalstrategie machte der Chef des diakonischen Trägers Johanneswerk in Bielefeld vor allem die Krankenkassen verantwortlich: "Im Moment betreibt jede Kasse ihr eigenes, mal mehr, mal weniger effizientes Abrechnungsverfahren." Es fehle das Bewusstsein dafür, dass Zusammenarbeit beim Abrechnungswesen zu Arbeitsersparnis für alle Beteiligten führe.

epd bay/bm/kru/db jup