Dennis Mukwege: Deutschland soll Verantwortung im Kongo wahrnehmen

Dennis Mukwege: Deutschland soll Verantwortung im Kongo wahrnehmen
Friedensnobelpreisträger sieht Unternehmen in der Pflicht

Tübingen (epd). Der kongolesische Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege hat an Deutschland appelliert, seine Verantwortung im Kongo wahrzunehmen. "Ich bin überzeugt, dass deutsche Unternehmen im Kongo Coltan und Kobalt unter guten Arbeitsbedingungen abbauen könnten", sagte er bei einer Pressekonferenz am Montag in Tübingen. Stattdessen bauten oft chinesische Firmen unter illegalen und furchtbaren Bedingungen die Erze ab.

Kinder und Frauen würden als Sklaven gehalten und erhielten den Tageslohn von einer Banane oder einer Handvoll Erdnüsse, beklagte Mukwege. Da eine solche Art des Abbaus auch für deutsche Unternehmen billiger sei, nutzten diese chinesisches Material, kritisierte er. Der seit Jahrzehnten anhaltende Konflikt im Kongo mit bisher bis zu sechs Millionen Toten und vier Millionen Binnenflüchtlingen sei kein ethnischer oder religiöser Konflikt, sondern ein ökonomischer, betonte der 63-Jährige.

"Vor Ort gute Arbeitsbedingungen schaffen, heißt auch, die Fluchtursachen zu bekämpfen", betonte Mukwege. Auch gegen die Korruption in der kongolesischen Regierung könne mit Sanktionen vorgegangen werden, was Wirkung zeigen würde. "Es wäre ein großer Unterschied, wenn Deutschland intervenieren würde".

Der Gynäkologe und Menschenrechtsaktivist Mukwege operiert im Ostkongo vergewaltigte und schwer verstümmelte Frauen und ist einer der führenden Spezialisten auf seinem Gebiet. Im vergangenen Jahr wurde er gemeinsam mit der Jesidin Nadia Murad, die sich für Frauenrechte einsetzt, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Im Panzi-Krankenhaus in der ostkongolesischen Stadt Bukavu hat Mukwege nach Angaben des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission e.V. (Difäm) in Tübingen schon rund 50.000 Frauen behandelt, die Opfer von sexueller Gewalt wurden. Doch die Frauen, die zu ihm kämen, seien nur die Spitze des Eisberges, sagte der Arzt: "Viele können das Krankenhaus nicht erreichen, oder haben Angst vor Stigmatisierung." Die sexuelle Gewalt sei eine billige und sehr effektive Kriegswaffe, die dafür sorge, dass Menschen das Gebiet verließen, in dem sich Bodenschätze befinden.

Für den Friedensnobelpreisträger ist es wichtig, an der Seite der Frauen zu kämpfen, auch wenn er deshalb selbst mit dem Tode bedroht wird und im Krankenhaus hinter Mauern und Stacheldraht wohnt, wie er sagt. "Ohne den Schutz der Vereinten Nationen könnte ich nicht arbeiten." Viele der Frauen, die er behandelt, hätten enorme Lasten zu tragen. "Sie kämpfen gegen den Tod, schenken Leben und kümmern sich um ihre Kinder." Was sie leisten sei bewundernswert, "und im Vergleich zu ihnen ist meine Arbeit eine Kleinigkeit".