Aufrufe zu Zivilcourage und Flüchtlingsrettung

Aufrufe zu Zivilcourage und Flüchtlingsrettung
Kirchentag in Dortmund mit Open-Air-Gottesdiensten beendet
Ein Meer von grünen Kirchentagsschals im Stadion von Borussia Dortmund: Zehntausende Menschen haben den Abschluss des Kirchentages gefeiert. Politische Appelle prägten auch den letzten Tag des Protestantentreffens.

Dortmund (epd). Mit Appellen zur Flüchtlingsrettung und zur Zivilcourage ist am Sonntag der 37. Deutsche Evangelische Kirchentag in Dortmund zu Ende gegangen. "Wir müssen handeln! Haltung zeigen!", appellierte Kirchentagspräsident Hans Leyendecker bei strahlendem Sonnenschein im Abschlussgottesdienst im BVB-Stadion. Kirchentagsteilnehmer forderten von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), ein eigenes Schiff zur Rettung von Flüchtlingen ins Mittelmeer zu entsenden.

Leyendecker rief vor 32.000 Gläubigen zum Einsatz für Menschenrechte auf. Pontius Pilatus habe sich vor der Kreuzigung Jesu die Hände in Unschuld gewaschen, sagte der Journalist. "Europäische Politikerinnen und Politiker waschen sie in dem Wasser, in dem Flüchtlinge ertrinken." Es gehe darum, sich "den Spaltern und Hetzern in unserer Gesellschaft entgegenzustellen". Man dürfe den öffentlichen Raum nicht Leuten überlassen, die das Gemeinwesen zerstören wollen.

Bei einem weiteren Abschlussgottesdienst im Westfalenpark rief Pastorin Kristin Jahn die Gläubigen angesichts der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke auf, sich Rechtsextremismus entschieden entgegenzustellen. Vor der Seebühne hatten sich rund 5.000 Kirchentagsbesucher versammelt.

Die Teilnehmerzahlen der beiden Gottesdienste blieben mit insgesamt rund 37.000 Besuchern deutlich hinter den Erwartungen der Veranstalter zurück, die mit bis zu 100.000 Menschen gerechnet hatten. Man sei dennoch nicht enttäuscht, sagte Kirchentagssprecherin Sirkka Jendis. Sie verwies auf gute Besucherzahlen der vergangenen Tage und die zu erwartende Hitze am Sonntag, die möglicherweise einige Menschen abgehalten habe. "Aber wir müssen vielleicht sehen, ob es eine Tendenz gibt, schon am Samstag abzureisen", sagte Jendis.

Ein besonderer Appell ging vom Kirchentag an die EKD: In einer Petition forderten Teilnehmer des Christentreffens die Kirche auf, ein eigenes Rettungsschiff für Flüchtlinge ins Mittelmeer zu schicken. Die Forderung war am Samstag auf dem Kirchentag mit großer Mehrheit als Resolution beschlossen worden. Die Petition kann auf der Seite "change.org" unterzeichnet werden.

Die EKD teilte am Sonntag mit, dass man sich mit der Resolution in den entsprechenden Gremien beschäftigen werde. "Wir prüfen, was wir tun können", sagte ein Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Am Samstag hatte sich der Kirchentag, der unter dem Motto "Was für ein Vertrauen" stand, mit brisanten Themen wie Rechtsextremismus, Klimaschutz und sexuellen Missbrauch befasst. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine umfassende Aufklärung der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke. In ihrer von den Zuhörern bejubelten Rede betonte sie, mögliche Verbindungen des Mordes zur rechtsterroristischen Gruppe NSU müssten aufgeklärt werden. Am Freitag war bekanntgeworden, dass Lübckes Name auf einer Liste des NSU stand.

Den sexuellen Missbrauch durch evangelische und katholische Geistliche griff der Kirchentag in einem Podium auf, bei dem Opfer mit Theologen diskutierten. Detlev Zander vom Netzwerk Betroffenen Forum aus dem bayerischen Plattling forderte von der Kirche mehr Sensibilität: "Betroffene müssen angehört, nicht vernommen werden." Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs betonte, es müsse nicht nur Vergangenes aufgearbeitet werden, sondern es brauche auch aktuelle Schutzkonzepte. Dies sei auch eine "Haltungsfrage", sagte die Bischöfin, die Sprecherin des kirchlichen "Beauftragtenrats zum Schutz vor sexualisierter Gewalt" ist.

Traditionell wurde im Schlussgottesdienst die Einladung zum 3. Ökumenischen Kirchentag vom 12. bis 16. Mai 2021 in Frankfurt am Main ausgesprochen. Gastgeber in zwei Jahren sind die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und das Bistum Limburg.

epd lwd/spi fu