Kurschus: Kirchen dürfen sich dem Wandel nicht verschließen

Kurschus: Kirchen dürfen sich dem Wandel nicht verschließen

Dortmund (epd). Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, hat die Gemeinden aufgerufen, sich mutig und selbstbewusst den Veränderungsprozessen innerhalb der Gesellschaft zu stellen. Sie erlebe "nur einen sehr begrenzten Wandel", der meist geprägt sei "vom Grundmuster der Angst", sagte die Theologin am Samstag beim evangelischen Kirchentag in Dortmund. Die Herausforderungen der Zukunft, wie etwa der demografische Wandel, erforderten "ein anderes Verständnis von Gemeinden", die für Offenheit, Vielfalt und Lebendigkeit im Glauben stünden.

Bei einem Podium unter dem Thema "Wohl denen, die da wandeln? Glaube und Veränderung" sagte Kurschus, Wandel sei niemals ein neutraler Prozess, sondern löse bei den Menschen höchst unterschiedliche Gefühle aus. Die innerkirchlichen Veränderungen dürften weder mit übertriebener Euphorie noch mit zu viel Pessimismus angegangen werden. "Nach meinem Eindruck schwanken auch die Kirchen zwischen diese beiden Polen." Kurschuss erinnerte mit Bert Brecht daran, dass jeder Wandel immer auch die Chance zu einem Neubeginn biete.

Über ihre erfolgreichen Reformprozesse der Gemeindearbeit berichteten die Pfarrer Gregor Giele (Leipzig) und Holger Nollmann (Bochum). Giele ist Propst an der Kirche St. Trinitatis, die einen spektakulär modernen Neubau mitten in der historischen Leipziger Altstadt nutzt. Hier biete die Gemeinde dank ihrer baulichen Möglichkeiten ein auf Dialog setzendes Konzept der City-Kirche an, das offen und transparent auch Nichtchristen zum Innehalten einlädt.

Nollmann leitet das Stadtteilzentrum "Q1 - Eins im Quartier. Haus für Kultur, Religion und Soziales" in der ehemaligen Friedenskirche in Stahlhausen, das für sein Umnutzungskonzept im Wettbewerb "Kirchengebäude und ihre Zukunft" den ersten Preis gewonnen hat. Die völlig umgebaute ehemalige Friedenskirche setzt auf Quartiersarbeit, interreligiösen Dialog und bietet auch Sozialberatung - gemeinsam mit einem dem Verein als Partner.

"Die Kapelle ist die Herzkammer des Ganzen", sagte Nollmann. Er sprach von einer "interessanten Chance" des Wandels, die die traditionelle Gemeindearbeit völlig umgekrempelt habe, mit der Folge "innerkirchlicher Reibungsverluste". Der Theologe sprach aber von "positive Zumutungen" für alle Beteiligten. Auch das Landeskirchenamt habe das Projekt anfangs mit viel Distanz begleitet.

Giele erläuterte, seine Leipziger Gemeinde habe bewusst auch architektonisch in der historischen Altsstadt ein Zeichen setzen wollen. Man habe den Wandel gewollt und auch gestaltet: "Wir wollten nicht irgendwelchen Trends hinterhetzen", sondern man wolle sich öffnen für alle Menschen auf Sinnsuche. Auch Nollmann zeigte sich mit Blick auf die Zukunft der Gemeinden optimistisch. Es gehe darum, passgenaue Angebote zu machen. "Die Gesellschaft erwartet Antworten von uns."