Schweizer Lyriker und Pfarrer Kurt Marti gestorben

Schweizer Lyriker und Pfarrer Kurt Marti gestorben
Der Schweizer Schriftsteller und Pfarrer Kurt Marti ist am Samstag im Alter von 96 Jahren in Bern gestorben. Dies berichtete der Schweizer Rundfunk unter Berufung auf seine Familie. Marti zählte zu den bedeutendsten Lyrikern der Schweiz. Der reformierte Pfarrer galt seit den 50er Jahren zudem als analytischer Beobachter des politischen Klimas seiner Heimat.

Bekannt wurde Marti durch seine in aggressiven Sprachwitz verpackte Gesellschaftskritik. Der am 31. Januar 1921 geborene Sohn einer Berner Notarsfamilie hatte zusammen mit Friedrich Dürrenmatt das Freie Gymnasium in Bern besucht. Danach studierte er zwei Semester Jura, bevor er sich für Theologie entschloss. Nach Kriegsende verdingte sich Marti als Praktikant in der ökumenischen Kriegsgefangenenseelsorge in Paris. 1949 übernahm er Pfarrstellen in der Schweiz, von 1961 bis 1983 war er an der Nydeggkirche in Bern.

Auch in der Theologie brach Marti Krusten auf. Das Vaterunser dichtete er 1980 um in "Unser Vater/ der du bist die Mutter". Der auf Bildern stets freundlich und hellwach blickende, hoch gewachsene Herr mit großer Brille verfasste seit seinem ersten Band "Boulevard Bikini" (1958) Hunderte Gedichte, viele in Berner Mundart. Sein Spektrum reichte von Naturlyrik zu konkreter "engagierter" Poesie. Hinzu kamen Essays, Kurzgeschichten und ein Roman. Von der Theologie versprach sich Marti Einblicke in die großen Lebensrätsel. Insgeheim, bekannte er, habe er sich sogar so "etwas wie Erleuchtung" erhofft.

Der Vater von vier Kindern wetterte früh gegen den Kalten Krieg sowie antiliberale Einstellungen in der militärisch neutralen Schweiz. Er engagierte sich bald gegen den Vietnamkrieg, agitierte gegen Atomwaffen und Atomenergie, warnte vor der Zerstörung der Alpen oder prangerte das Elend in Entwicklungsländern an. Das verhalf ihm in seinem eher konservativen Umfeld zuweilen zum Ruf, er sei Kommunist oder christlicher Marxist.