Flüchtling aus Kirchenasyl kommt wieder nach Nordkirchen

Flüchtling aus Kirchenasyl kommt wieder nach Nordkirchen
Nach einem gewaltsam beendeten Kirchenasyl konnte eine Asyl-Initiative die drohende Abschiebung eines Flüchtlings stoppen. Neben der Erleichterung über den guten Ausgang nimmt jetzt die Kritik über das übereilte Abschiebungsverfahren zu.

Münster (epd). Der 31-jährige Flüchtling, der gewaltsam aus einem Kirchenasyl in Münster abgeführt wurde, soll im westfälischen Nordkirchen untergebracht werden. Das Verwaltungsgericht Münster hatte im Zuge eines Eilantrages die drohende Abschiebung nach Ungarn ausgesetzt. Asyl-Initiativen kritisieren das Vorgehen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie des Kreises Coesfeld. Sie sehen einen Bruch des Kirchenasyls und fordern Aufklärung.

Eilentscheidung

Der Flüchtling habe eine Bescheinigung des Kreises Coesfeld erhalten, dass er sich bis Donnerstag in Nordkirchen einfinden solle, sagte ein Sprecher der Gemeinde am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bis zum Mittwochnachmittag sei er zwar noch nicht eingetroffen. Der Mann werde aber von ehrenamtlichen Helfern betreut. "Daher gehen wir davon aus, dass das klappt", sagte der Sprecher. In Nordkirchen habe die Gemeinde Wohnungen für Flüchtlinge angemietet. Der Mann war auch vor seinem Kirchenasyl in Nordkirchen untergebracht.

Das Verwaltungsgericht Münster hatte am Dienstagabend in einer Eilentscheidung die drohende Abschiebung nach Ungarn gestoppt. (Az: 2 L 1277/16.A) Die Abschiebung nach Ungarn sei bis zu einer Entscheidung im Hauptverfahren ausgesetzt, sagte der Vorsitzende Richter Michael Labrenz am Mittwoch dem epd. Nach Einschätzung des Gerichts genüge die Versorgung von Flüchtlingen in Ungarn nicht den Anforderungen des EU-Rechts und der europäischen Menschenrechtskonvention. Mit der Entscheidung sei klar, dass das Vorgehen des Bundesamts wie der Ausländerbehörde des Kreises Coesfeld in diesem Fall rechtswidrig gewesen seien, sagte der Anwalt des Netzwerkes Kirchenasyl, Michael Gödde.

"Tabubruch"

Asyl-Initiativen kritisierten scharf das Vorgehen des Bundesamts für Migration. Der Flüchtlingsrat NRW erklärte: "Die polizeiliche Räumung eines Kirchenasyls stellt einen absoluten Tabubruch dar."

Das Netzwerk Kirchenasyl in Münster sagte, man freue sich sehr, dass dem Mann aus Ghana die Abschiebung nach Ungarn erspart geblieben sei. Zugleich seien die Initiative aber "bestürzt, dass um ein Haar ein solches schweres Unrecht passiert wäre", erklärte Netzwerk-Sprecherin Julia Lis. Kirchenasyle seien "leider Gottes notwendiger denn je." Das Netzwerk erwarte, dass die Gerichtsentscheidung auch Berücksichtigung bei zukünftigen Entscheidungen der Ausländerbehörde Coesfeld finde. Zudem forderte es Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) zu einer Stellungnahme auf, "wie der von ihm zugesicherte Schutz von Kirchenasylen" sich zum Einsatz der Polizei im Kapuzinerkloster in Münster verhalte.

Der 31-jährige Mann aus Ghana war am Dienstagvormittag von der Polizei aus dem Kloster der Kapuziner in Münster abgeführt worden. Der Mann war nach Angaben des Netzwerks Kirchenasyl zunächst in Ungarn registriert worden. Nach dem Dublin-Abkommen der Europäischen Union muss ein Flüchtling in dem EU-Staat Asyl beantragen, über den er in die EU eingereist ist. Das Bundesamt hatte die Abschiebung nach Ungarn angeordnet.

Härtefall

Das Netzwerk Kirchenasyl erklärte, der Mann aus Ghana sei zudem herzkrank und sei daher auf entsprechende medizinische Behandlung angewiesen. Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen.