Dalai Lama: Flüchtlinge müssen eigene Länder wieder aufbauen

Dalai Lama
Foto: dpa/Will Oliver
Dalai Lama: Flüchtlinge müssen eigene Länder wieder aufbauen
Der Dalai Lama hat die Hilfe für Flüchtlinge als mitmenschliche Pflicht bezeichnet. "Ein Mensch, dem es etwas besser geht, hat die Verantwortung, ihnen zu helfen", sagte das geistliche Oberhaupt des tibetischen Volkes der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstagsausgabe).

Allerdings sollten diese Flüchtlinge nur vorübergehend aufgenommen werden, "auch moralisch gesehen", fügte der 80-Jährige hinzu: "Das Ziel sollte sein, dass sie zurückkehren und beim Wiederaufbau ihrer eigenen Länder mithelfen."

Zur Flüchtlingskrise in Europa sagte der Dalai Lama: "Andererseits sind es mittlerweile zu viele. Europa, zum Beispiel Deutschland, kann kein arabisches Land werden. Deutschland ist Deutschland." Es seien so viele, "dass es in der Praxis schwierig ist", räumte der buddhistische Mönch ein.

"Nicht die gesamte muslimische Welt verurteilen"

Zum Thema islamfeindliche Stimmung in Europa sagte der Dalai Lama: "Es sind muslimische Individuen und kleine Gruppen, die sich in ihren eigenen Ländern gegenseitig umbringen. Schiiten, Sunniten. Sie repräsentieren nicht den gesamten Islam und nicht alle Muslime." In jeder Religion sei die Liebe die Kernbotschaft. Dies gelte auch im Islam. Bösartige Leute gebe es auch bei den Buddhisten, den Christen, den Juden und den Hindus. Nur aufgrund von "einigen traurigen Ereignissen, die von einer kleinen Zahl Muslime ausgehen, sollten wir nicht die gesamte muslimische Welt verurteilen".

In China setzt der Dalai Lama auf Veränderung. Heute habe das kommunistische China die größte buddhistische Bevölkerung. Viele Parteimitglieder seien nur im Kopf Atheisten, "aber von der Brust an abwärts sind sie gläubige Buddhisten." Zudem erlebten mehrere hunderttausend chinesische Studenten in den westlichen Ländern Demokratie und Freiheit. "China, so mächtig es auch sein mag, kann nicht zu der früheren rigiden, abgeschlossenen Gesellschaft zurückkehren", fügte der 14. Dalai Lama hinzu.

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Der buddhistische Mönch äußerte sich auch zum Thema Gewalt. Diese sei legitim, "wenn die Umstände so sind, dass es keine andere Wahl gibt, und Mitgefühl die Motivation ist." Praktisch sei es allerdings besser, jede Gewalt zu vermeiden, denn Gewalt sei unberechenbar: "Deshalb besser keine Gewalt", erklärte der Friedensnobelpreisträger.

Der 14. Dalai Lama wurde 1935 als Lhamo Thöndup in eine arme Bauernfamilie geboren. Im Alter von zwei Jahren entdeckten ihn Mönche in einem kleinen Dorf in Tibet als die Wiedergeburt des 13. Dalai Lama, des Oberhaupts der Tibeter. Im Oktober 1950 marschierten die Truppen der Volksrepublik China in Tibet ein. Der Dalai Lama floh im März 1959 aus dem Potala-Palast in Lhasa nach Indien, chinesische Truppen schlugen einen Volksaufstand in Tibet blutig nieder. Bis heute ist das indische Dharamsala, eine Bergstadt im Himalaya, Sitz der tibetischen Exilregierung und Residenz des Dalai Lama.