Unionsfraktion würdigt christliche Soziallehre

Unionsfraktion würdigt christliche Soziallehre
Fast 125 Jahre nach der Veröffentlichung der Sozialenzyklika "Rerum Novarum" durch Papst Leo XIII. haben CDU und CSU auf die aktuelle Bedeutung der Denkschrift hingewiesen. Im Bundestag wurde die soziale Marktwirtschaft kritisch analysiert.

Berlin (epd) Die Forderung nach einem würdigen Leben für die Menschen der Arbeiterklasse sei ein Wegweiser für die christlich-soziale Politik in Deutschland gewesen, sagte der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU), am Montag in Berlin. Kardinal Reinhard Marx warb bei der Veranstaltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dafür, die christliche Soziallehre auch in Zeiten der Globalisierung als Leitbild für Wirtschaft und Politik zu nehmen.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz sagte, die Wirtschaft müsse wieder den Menschen in den Mittelpunkt rücken und dem Gemeinwohl dienen. "Ein Kapitalismus, der um sich selbst kreist, ist nicht akzeptabel", sagte Marx.

Papst thematisierte vor 125 Jahren die soziale Frage

Vor 125 Jahren, am 15. Mai 1891, hatte Papst Leo XIII. mit der Sozialenzyklika "Rerum Novarum" umfassend Stellung zur sozialen Frage bezogen. Entgegen der Forderung der sozialistischen Bewegung sprach sich die Kirche damals klar für die Bewahrung des Privateigentums unter Berufung auf das Naturrecht aus. Kardinal Marx zitierte in diesem Zusammenhang Thomas von Aquin: "Der Mensch ist erst frei, wenn er über sein eigenes Leben Herr ist." Allerdings sei die Botschaft im Christentum auch, dass Eigentum nicht grenzenlos sein könne. "Die Welt gehört allen Menschen, und alle müssen ihren gerechten Anteil bekommen", sagte der Münchner Erzbischof.

Papst Leo XIII. habe schon zum Ende des 19. Jahrhunderts einen gerechten Lohn für jeden Arbeiter gefordert und gesagt, der Staat müsse den Arbeitgebern dafür einen gesetzlichen Rahmen geben. Die Weiterentwicklung dieser Idee habe in Deutschland zur Entstehung der sozialen Marktwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg geführt. Das Verhältnis von Staat und Wirtschaft müsse auch heute wieder diskutiert werden, sagte Marx.

Schon damals habe das Oberhaupt der katholischen Kirche klargestellt, dass Arbeit keine Ware sein könne. Auch angesichts heutiger Arbeitsverhältnisse gelte, dass nicht alles legitim sei, was legal ist. Insgesamt sollten Arbeit und Kapital wieder in ein anderes Verhältnis gesetzt werden, forderte er. Die Finanzkrise im Jahr 2008 habe gezeigt, dass dieses Problem noch nicht endgültig gelöst sei. Der Bischof kritisierte in diesem Zusammenhang auch Vertreter von CDU und CSU, die die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ablehnen. Aufbauend auf der christlichen Soziallehre sei das Ziel "eine soziale Marktwirtschaft, die auf globaler Ebene möglich ist", erklärte Marx.

Inklusion ist auch heute noch ein aktuelles Thema

Auch im Hinblick auf die aktuelle Debatte in der Flüchtlingskrise sei die Denkschrift wieder von Bedeutung, ergänzte Marx. Papst Leo XIII. habe darin die Inklusion der Armen und Benachteiligten angemahnt. Die Reaktion auf die Ankunft der vielen Flüchtlinge könne demnach nicht Abschottung sein.

Ähnlich äußerte sich der Fraktionsvorsitzende der Union, Volker Kauder (CDU), der deutsche Christen über die Landesgrenzen hinaus in der Verantwortung sieht. "Rerum Novarum" habe auf eine schwierige soziale Frage mit der Würde des Menschen eine Antwort gefunden. Auch der Vorsitzende des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer, Peter Barrenstein, würdigte die Schrift. Die politischen Parteien und die Kirchen seien gefragt, zu diesem Thema Leitbilder zu entwickeln, sagte er.