Katharina Lorenz über den "Tel-Aviv-Krimi": "Ich hatte großen Respekt davor"

Katharina Lorenz über den "Tel-Aviv-Krimi": "Ich hatte großen Respekt davor"
Ob Venedig, Athen oder Istanbul: Viele ARD-Krimis spielen im Ausland und schwelgen in schönen Bildern. Der neueste Städtekrimi ist anders: "Der Tel-Aviv-Krimi" (ab 3.3., 20.15 Uhr, ARD) erzählt Geschichten, die thematisch eng mit Religion, Politik und den Schatten der Vergangenheit verknüpft sind. Der Auftakt der anspruchsvollen Reihe konnte aber wegen des Gaza-Kriegs 2014 nicht wie geplant zum großen Teil in Israel gedreht werden und handelt deshalb weitgehend in Berlin. Kommissarin Sara Stein (Katharina Lorenz) muss in dem Film den Mord an einer israelischen Clubschönheit aufklären, und schon bald gerät deren palästinensischer Freund unter Verdacht: die Ermittlungen werden zum Politikum.

Frau Lorenz, Sie spielen in der neuen Krimireihe "Der Tel-Aviv-Krimi" eine jüdische Ermittlerin aus Berlin. Darf man fragen, welcher Konfession Sie angehören?

Katharina Lorenz: Mit 22 bin ich aus der Kirche ausgetreten – aus der katholischen Kirche.

Hat der Aspekt, dass die Ermittlerin Sara Stein Jüdin ist, bei der Entscheidung für die Figur eine Rolle gespielt?

Lorenz: Nein, aber das hat es für mich interessanter gemacht. Das Spannungsfeld innerhalb der Figur hat mich sehr gereizt – Sara Stein ist ja noch auf der Suche und setzt sich erst jetzt damit auseinander, was es eigentlich heißt, Jüdin zu sein. Ich hatte immer gewisse Skrupel davor, eine Reihe zu drehen, ich dachte früher sogar, das würde ich niemals tun. Aber nachdem ich das Drehbuch gelesen hatte, wollte ich unbedingt dabei sein und diese Figur spielen. 

In der Reihe geht es unter anderem um das schwierige Verhältnis zwischen Deutschen und Juden. Kann so ein Format Gräben überwinden?

Lorenz: Ich verfolge als Schauspielerin mit meinen Filmen zwar keine politische Mission, aber wenn die Reihe etwas erreichen könnte, wäre das schon toll. Ich wünsche mir, dass sie möglichst viele Zuschauer hat, und selbst wenn sie nur bei einigen davon eine Veränderung anstößt, ist doch schon etwas gewonnen.

Wie haben Sie sich vorbereitet?

Lorenz: Ich habe mich intensiv mit der Thematik beschäftigt. Ich bin zum Beispiel erst mal auf die Volkshochschule und habe das hebräische Alphabet gelernt. Danach habe ich mit einem Lehrer drei Monate lang die Sprache gelernt – sie ist übrigens gar nicht so schwer, nach zwei Jahren Unterricht könnte man sie glaube ich ganz gut sprechen. Ich konnte nach kurzer Zeit schon ein paar Sätze sagen, wie ich heiße oder: "Ich möchte gerne etwas trinken." Ich fand es wichtig, über die Sprache ein Gefühl für die Figur Sara Stein zu bekommen.

"Es war für mich nicht einfach irgendein Dreh, der nur halt eben in Tel Aviv stattfindet"

Wieso spielen denn weite Teile der ersten Folge gar nicht in Israel, sondern in Berlin?

Lorenz: Das lag daran, dass sich unsere Planungen durch den Gaza-Krieg verschoben hatten. Der erste Teil sollte eigentlich in Tel Aviv beginnen, aber durch den plötzlich ausgebrochenen Gaza-Krieg wollte man dort nicht einfach drehen und hat sich unter Hochdruck eine Vorgeschichte für Sara Stein überlegt und neu geschrieben. Diese Geschichte spielt in Berlin, wo Sara geboren ist und zuvor als Kommissarin  gearbeitet hat. Durch die Vorgeschichte musste folglich auch am ursprünglichen Drehbuch einiges geändert werden.

Der zweite Teil spielt dann aber ganz in Tel Aviv. Wie hat es sich angefühlt, als Deutsche in Israel zu drehen?

Lorenz: Ich will nicht sagen dass ich ängstlich war, aber ich hatte wirklich großen Respekt davor. Es war für mich nicht einfach irgendein Dreh, der nur halt eben in Tel Aviv stattfindet, ich hatte immer das Gefühl, dass das Ganze gut und komplex werden muss. Das Land Israel und die Menschen haben eine so große Geschichte, ich hätte dort nicht irgendeine Romanze am Strand drehen wollen. Ich war sehr gespannt, wie ich am Set aufgenommen werde.

Und, wie wurden Sie aufgenommen?

Lorenz: Die Israelis am Set waren sehr offen und interessiert. Sie hatten sogar Humor für die deutsche und jüdische Geschichte übrig, und durch diesen Humor haben sie mich abgeholt, so dass ich jegliche Beklemmungen verloren habe. Es war ja dadurch, dass ich ausgerechnet eine deutsche Polizistin spiele, sehr speziell.

Wie wurde bei den Dreharbeiten sichergestellt, dass es keine fachlichen Schnitzer in Zusammenhang mit dem jüdischen Glauben gibt?

Lorenz: Es waren viele jüdische Schauspieler dabei, die sich auskannten, und außer meinem Kollegen Samuel Finzi und mir kamen die Schauspieler alle von dort. Deshalb konnte da eigentlich nichts passieren, die haben gleich gesagt, wenn ihnen etwas auffiel. Es ging zum Beispiel einmal um die Kleidung von ultraorthodoxen Juden, da hatte am Gewand eines Mädchens noch etwas gefehlt, damit es genau stimmte, und wir wollten ja wirklich korrekt sein.

"Ich habe noch nie eine Stadt erlebt, die so unter Adrenalin steht"

Waren Sie vorher schon mal in Tel Aviv oder allgemein in Israel?

Lorenz: Nein. Und ich freue mich schon darauf, mir Tel Aviv bei den Dreharbeiten zur nächsten Folge endlich genau anschauen zu können. Diesmal hatte ich dazu leider wenig Zeit.

Wie viel haben Sie bei den Dreharbeiten von der angespannten Lage in Israel mitbekommen?

Lorenz: Schon einiges. Einige Leute vom Set wurden zum Militär eingezogen, und die Atmosphäre in der Stadt war speziell. Es gab viele Soldaten in den Straßen, und das war für mich ein ganz fremdes Bild. Wenn da ein junger Soldat mit seiner Kalaschnikow vor einem Café sitzt, ist das ein eigenartiger Anblick, aber dort ist er leider normal.

Die Tel-Aviv-Filme laufen donnerstags im Ersten. Auf diesem Sendeplatz sind normalerweise Krimis zu sehen, die touristischen Reisezielen wie Venedig, Istanbul oder Athen verpflichtet sind. Ist Tel Aviv eine Reise wert?

Lorenz: Ich habe auf jeden Fall noch nie eine Stadt erlebt, die so unter Adrenalin steht. Es sind dort ganz viele junge Menschen, die Stadt ist so aufgeladen und unüberschaubar in ihren ganzen Gegensätzen. Das ist natürlich sehr faszinierend.

Bei Wikipedia ist zu lesen, dass beim Bau der Stadt klassische Kreuzungen vermieden wurden, wegen der Nähe zum christlichen Kreuzsymbol. Ist Ihnen das im Straßenbild aufgefallen?

Lorenz: Ich habe das auch gelesen, aber es mir nicht aufgefallen. Mir ist zwar aufgefallen ist, dass der Verkehr wirklich chaotisch ist, aber das ist in Wien oder in italienischen Großstädten genauso.