Deutsche offen für Veränderungen

Deutsche offen für Veränderungen
Ob Arbeit oder Partnerschaft - die Deutschen stellen sich auf Veränderungen ein. Das hat eine Studie ergeben. Die Befragten schnupperten für die Untersuchung auch an Duftproben und gaben der Zukunft einen Rhythmus.

Berlin (epd)Die Deutschen sind einer Studie zufolge offen für Veränderungen. So habe sich etwa die Einstellung zur Erwerbsarbeit und zur Liebe verändert, sagte die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, Jutta Allmendinger, am Mittwoch bei der Präsentation der Untersuchung.

Anlass für Hoffnung

Trotz großer Ungleichheit in der Gesellschaft etwa beim Einkommen und dem Zugang zu Bildung lägen die einzelnen Gruppen, wenn es um Werte und Normen geht, nahe beieinander. Das sei Anlass für Hoffnung und politisches Handeln, betonte die Allmendinger in Berlin. Bei der Studie mit dem Titel "Das Vermächtnis" handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt der Wochenzeitung "Die Zeit", des Wissenschaftszentrums und des infas Instituts für angewandte Sozialwissenschaft.

Dafür wurden zwischen Juli und Oktober vergangenen Jahres rund 3.100 Menschen zwischen 14 und 80 Jahren interviewt, im Durchschnitt 102 Minuten lang. Sie sollten zu verschiedenen Themen neben ihren aktuellen Einstellungen zum "Hier und Jetzt" auch ihre Wünsche für die Zukunft sowie ihre Erwartungen an die Zukunft formulieren, wohin die gesellschaftliche Entwicklung tatsächlich gehen wird. Die Befragten konnten jeweils auf einer Skala von 1 (sehr wichtig) bis 7 (unwichtig) Antworten geben. Außerdem sollten die Interviewten ihren Assoziationen über die Zukunft freien Lauf lassen, als ihnen unter anderem verschiedene Duftproben und Rhythmen präsentiert wurden. Danach riecht die Zukunft eher frisch nach einer Zitrusfrucht und bewegt sich im schnellen, gleichmäßigen, gelegentlich dynamischen Rhythmus.

Hohes Maß an Solidarität

Zur Veränderungsbereitschaft der Deutschen sagte Allmendinger, "früher mag im Berufsleben das materielle Motiv im Vordergrund gestanden haben. Heute erfüllt die Arbeit auch einen immateriellen Zweck: Sie gehört im Empfinden der Deutschen zu einem erfüllten Leben einfach dazu." Beim Thema Gesundheit herrsche ein hohes Maß an Solidarität der Wohlhabenden mit den Geringverdienern, sagte Allmendinger: "Hier zeigt sich eindeutig ein Bekenntnis zum Sozialstaat. Die Gemeinschaft soll für alle sorgen, es soll nicht das Recht des Reicheren herrschen." Das sei mit Blick auf die unterschiedliche Versorgung im Gesundheitssystem ein eindeutiger Auftrag an die Politik.

Als weiteres Indiz für eine gesellschaftliche Modernisierung sieht die Untersuchung die Tatsache, dass aktuell knapp 60 Prozent der Befragten Heirat als "besonderen Ausdruck von Liebe" sehen, für die Zukunft aber nur knapp 26 Prozent annehmen, dass Menschen "heiraten werden, um ihrer Liebe besonderen Ausdruck zu verleihen".

Religionen auf dem Rückzug

Die Fortsetzung von Partnerschaften aus Rücksicht auf gemeinsame Kinder wird offenbar weniger häufig angestrebt: "Allein der Kinder wegen will und wird in Zukunft kaum noch jemand mit seinem Partner zusammenbleiben", sagte Allmendinger.

Religionen scheinen auf dem Rückzug: Aktuell erklären über ein Drittel (37,8 Prozent), dass es ihnen sehr wichtig ist "einer Religion nachzugehen". Zugleich gibt es eine fast ebenso große Gruppe, die Religion für gar nicht wichtig hält (32,1 Prozent). Für die Zukunft wird angenommen, dass etwa jeder Fünfte (22,4 Prozent) es wichtig finden wird, einer Religion nachzugehen.

Das Thema Flüchtlinge wurde nachträglich abgefragt, mit einem Rücklauf der Antworten von 88 Prozent. Danach fürchten sich etwa die Hälfte der Deutschen (51 Prozent) vor Ausländerfeindlichkeit, ein knappes Drittel (30 Prozent) vor "Überfremdung".