"Zeit" feiert ihr 70-Jähriges mit Sonderausgabe

"Zeit" feiert ihr 70-Jähriges mit Sonderausgabe
70 Jahre "Die Zeit": Die Wochenzeitung ist zu ihrem Jubiläum am Montag mit einer zusätzlichen Ausgabe erschienen.

Hamburg (epd)Die 78-seitige Geburtstagsausgabe bietet einen Blick hinter die Kulissen des überregionalen Blattes aus Hamburg. Autoren im Alter zwischen 26 und 86 Jahren erzählen von der Recherche ihres Lebens. Chefredakteur Giovanni di Lorenzo sagte, Journalisten seien heute wie nie zuvor gefordert, "die Glaubwürdigkeit unserer Medien zu erhalten und zu verstärken". Er habe keinen Zweifel, dass das der "Zeit" auch gelingen werde.

Die "Zeit" erschien erstmals am 21. Februar 1946 in einer Auflage von 25.000 Exemplaren. Im Gegensatz zu den meisten anderen Zeitungen in Deutschland gewann die donnerstags erscheinende Wochenzeitung in den vergangenen Jahren an Auflage hinzu. Seit 1998 stieg die verkaufte Auflage um rund 13 Prozent auf etwa 512.000 Exemplare. Rund 70 Prozent davon sind Abonnements.

"Ein herrlich widersprüchlicher Beruf"

Chefredakteur di Lorenzo schreibt im Editorial der Jubiläumsausgabe, guter Journalismus beschreibe und bewerte nicht nur das Zeitgeschehen, sondern könne auch etwas verändern und die Welt ein bisschen erträglicher machen. "Vielleicht muss man gerade in diesen Zeiten daran erinnern, in denen sich über den Journalismus der Schatten des Misstrauens gelegt hat und der Verdacht, die Medien würden von finsteren Mächten gelenkt", heißt es in dem Beitrag mit der Überschrift "Ein herrlich widersprüchlicher Beruf", in dem der Chefredakteur von seinem ersten Artikel für die "Zeit" berichtet.

Anders als früher würde er heute viele Beiträge skeptischer recherchieren, schreibt die Lorenzo: "Gerade in der jetzigen, von der Diskussion über Wahrheit und Lüge in den Medien so aufgeheizten Zeit darf es eine Leitlinie nie geben: dass nicht sein darf, was nicht sein soll."

Auch im Deutschlandradio Kultur warb di Lorenzo am Montag für mehr Transparenz im Journalismus. Leute, die "Lügenpresse" schrien und hetzten, seien zwar nur schwer einzufangen. Bürger, die an den Medien zweifelten und Fragen stellten, könne man aber noch überzeugen. Es sei berechtigt zu fragen, ob Journalisten gelegentlich zu selbstbezogen seien. Di Lorenzo betonte, es sei kein Ruhmesblatt gewesen, dass über die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht erst Tage später berichtet worden sei. Er warnte zugleich vor der Skandalisierung von Sachverhalten. So sei als "schlimmstes Beispiel" Ex-Bundespräsident Christian Wulff ehemals hochgeschrieben und dann "gnadenlos runtergemacht" worden. "Man muss nicht mit den Wölfen heulen, auch wenn es verführerisch ist", sagte di Lorenzo.