"Frohsinn gegen Terrorgefahr"

"Frohsinn gegen Terrorgefahr"

Die Flüchtlingskrise ist auch bei den Karnevalsumzügen zentrales Thema. Bundeskanzlerin Merkel, CSU-Chef Seehofer sowie die rechtspopulistische Parteien sind beliebte Motive bei den Mottowagen in Köln und beim abgesagten Umzug in Düsseldorf.
08.02.2016
epd
Andreas Rehnolt (epd)

Köln, Düsseldorf (epd)Eine gewaltige Welle aus Flüchtlingen erfasst die Figur von Bundeskanzlerin Angela Merkel und lässt sie kopfstehen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer schließt auf einem Mottowagen angesichts des Flüchtlingszustroms den Grenzbaum. Ein großer schwarzer Fisch namens "Kölner Silvesternacht" frisst einen kleinen bunten Fisch, der für "Willkommenskultur" in Deutschland stand: Zwar fiel der Rosenmontagszug in Düsseldorf aus, doch die Narren präsentierten ihre Mottowagen mit bissigen Kommentaren zur deutschen und europäischen Politik zumindest vor dem historischen Rathaus.

Totenstille in der Altstadt

Neben der Flüchtlingskrise nahmen sie auch den Terror des "Islamischen Staates" (IS) aufs Korn. Da stoßen ein weißgewandeter türkischer Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und ein schwarz gekleideter IS-Terroristen mit Weingläsern an. In den Gläsern schwappt etwas Rotes: das Blut der Kurden. Ein anderer der politischen Wagen zeigt einen Narren und einen Islamisten Kopf an Kopf. Die rote Narren-Nase berührt die schwarze Bomben-Nase des IS-Terroristen. Der Text dazu: "Frohsinn gegen Terrorgefahr!"

Während in Köln seit dem Morgen der närrische Lindwurm - sturmbedingt jedoch ohne Pferde, Fahnen und große Einzelfiguren - durch die von Zigtausenden kostümierter Jecken gesäumten Straßen zieht, herrscht in Düsseldorf fast Totenstille in der Altstadt. Die Straßen des vorgegebenen Zugwegs sind gesperrt, Bier- und Würstchenstände verwaist. Die größte Gruppe an diesem höchsten karnevalistischen Feiertag in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt stellen die Polizisten. Sie tragen wegen des Regens gelbe Capes und sind omnipräsent.

Nur ganz leise ist aus einem Lokal leise Karnevalsmusik zu hören. Vor einigen Bäckereien verteilen kostümierte Mitarbeiter an die wenigen Passanten kleine Blumensträußchen. Vor einigen Hotels stehen kostümierte Touristen, die eigens für die tollen Tage an den Rhein gereist sind. Heute keine Stimmung hier, bedauert ein junger Japaner am Rathaus, wo zahlreiche Fernseh-Übertragungswagen stehen und Kameras aufgebaut sind.

In Köln sehen sich die Jecken am Rosenmontag einmal mehr als die "Bundeshauptstadt" der Fünften Jahreszeit. Die Dauer ihres närrischen Lindwurms ist geringfügig kürzer als die vorhergesagten 3,5 Stunden. Dennoch sind sie "glücklich und froh", dass ihr buntes und lautstarkes Treiben stattfinden konnte. "Mer stelle alles op der Kopp" (Wir stellen alles auf den Kopf) - so lautet das Thema der diesjährigen Session in der Domstadt. Die Wagen sind weniger provokant und pointiert als die in der Nachbarstadt Düsseldorf.

Unverhüllt braun

Doch auch in Köln gibt es einen Motivwagen zum Thema Flüchtlinge. Da sitzt Bundeskanzlerin Merkel mit einer EU-Flagge, auf der nur noch ein einziger Stern klebt. "Merkel-ancholia", steht darunter. Auf einem anderen Wagen treibt der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras als Zeus-Verschnitt mit Blitz-Strahl die Kanzlerin vor sich her. Ein dritter Wagen thematisiert den Fifa-Skandal: Da steht Sepp Blatter im Fußball-Trikot vor der TV-Kamera und hebt die eine Hand zum Unschuldig-Schwur. Dabei sind Hemd und Hose ausgebeult von Geldscheinen und die zweite Hand kassiert hinter dem Rücken weitere Geldbündel.

Auch dabei in Köln ist eine Gruppe globalisierungskritischer Narren von den Pappnasen Rotschwarz. Sie ziehen als "Bunte Funke jäje braune Halunke" (Bunte Funken gegen braune Halunken) mit.

In Düsseldorf vor dem Rathaus wartet von Jecken umstellt ein Mottowagen zum US-Vorwahlkampf auf Bewunderer. Die Freiheitsstatue zeigt dort dem US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump die lange Nase. Der hat wegen der verlorenen Vorwahl im Bundesstaat Iowa ein blaues Auge. Auf einem anderen Wagen haben die Karnevalisten sich die rechtspopulistische Partei AfD vorgeknöpft. Da verliert eine Figur nach und nach ihre Kleidung und zeigt sich schließlich als das, was sie versteckt schon immer war: Unverhüllt braun.

Und noch einmal thematisieren die Jecken in der NRW-Landeshauptstadt die sexualisierte Gewalt gegenüber Frauen in der Silvesternacht in Köln, die weltweit Schlagzeilen machte. Der Wagen zeigt unter der Überschrift "So schön wird das nächste Silvester", wie Sexualtäter an Raketen gebunden in den nächtlichen Himmel geschossen werden.