Schneeweiße Wände und die Hoffnung auf Maria

epd-bild/Debbie Hill
Ein Gemälde in der Milch-Grotte in Bethlehem zeigt die Gottesmutter Maria, wie sie Jesus stillt.
Schneeweiße Wände und die Hoffnung auf Maria
In der Milchgrotte in
Bethlehem soll nach einer Legende Maria das Jesuskind gestillt haben

Es ist der feste Glaube an die Kraft der Gottesmutter Maria, die Menschen zur Milchgrotte führt: Hier soll sie Jesus gestillt haben, hier erhoffen sich Paare mit Kinderwunsch Hilfe von ihr.

Bethlehem (epd)Eine gute halbe Stunde schon kniet die junge Frau vor dem Bild der Maria, die ihren neugeborenen Sohn im Arm hält. Es hängt tief im Inneren der Milchgrotte in Bethlehem. Hier hat einer Sage nach die Heilige Familie nach Jesu Geburt Unterschlupf gefunden, bevor sie nach Ägypten floh. Die Grotte in unmittelbarer Nähe der Geburtskirche ist Ziel für Bethlehem-Touristen - und für Paare mit Kinderwunsch.

Stern auf dem Boden

Bis auf eine Wand ist die Grotte innen schneeweiß. Die einst roten Steinwände, so die Legende, färbten sich weiß, als Maria beim Stillen ein paar Tropfen Milch auf die Erde fallen ließ. Ein Stern auf dem Boden deutet auf die Stelle, wo die Milchtropfen die Steine berührt haben sollen.

"Seit dreieinhalb Jahren bin ich verheiratet", erzählt die Gläubige, die sich kurz vom Beten erhebt, um sich zu strecken. Sie heiße Berengere, sagt sie, sei 30 Jahre alt und aus Frankreich gekommen in der Hoffnung, dass Mutter Maria ihr helfen werde, schwanger zu werden. Dann versinkt sie wieder ins stille Gebet.

Franziskanermönch Lawrence Bodi hat ein kleines Büro direkt neben der Grotte, es ist mit zahllosen Briefen junger Eltern tapeziert, mit Danksagungen und Fotos von Paaren mit Kindern. "Dies ist eine Wunderkirche", begeistert sich Bodi, der vor 20 Jahren aus New York nach Bethlehem kam - und schränkt sofort ein: "Natürlich geht es nicht um Magie, sondern um den festen Glauben an die Kraft von Mutter Maria." Am 1. Januar wird in der Grotte traditionell das internationale Fest der Gottesmutter gefeiert.

Selbstheilungskräfte aktivieren

Dass "der Glaube an bestimmten Orten einen Prozess im Körper auslösen kann", würde auch Gabriele Zander zugestehen, Pfarrerin der Evangelischen Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg. Das feste Vertrauen, das die Menschen an Orte wie die Milchgrotte knüpften, könne "durchaus die Selbstheilungskräfte aktivieren", meint die neue Chefin des deutschen Pilger- und Begegnungszentrums der Lutheraner in Jerusalem. Auch in Wallfahrtsorten wie Lourdes in Frankreich und Fátima in Portugal hoffen Gläubige auf Wunder und Heilung.

Bruder Lawrence holt einen von insgesamt acht Aktenordnern hervor, in denen er Briefe aus aller Welt sammelt: "Alle diese Frauen", sagt er und blättert die Seiten um, "konnten keine Kinder haben, bevor sie zu uns kamen". Auch Krankheiten habe die Wunderkirche heilen können, eine blinde Frau sei gar sehend geworden. Der Franziskanermönch ist kaum zu stoppen, sobald er in Schwung kommt und von den wundersamen Heilungen erzählt.

Kalk aufgelöst in Wasser

In Tütchen für je zwei Dollar "zur Deckung der Unkosten" kann der von den Wänden der Grotte abgeschabte Kalk erstanden werden. Die Pilger könnten ihn dann stark verdünnt in Wasser, Milch oder Saft aufgelöst trinken. In fast 20 Sprachen, darunter Kroatisch, Indonesisch und Sanskrit, hält Bruder Lawrence eine genaue Anleitung bereit.

Der Priester und Kirchenvater Hieronymus, gestorben 420 in Bethlehem, soll hier gelebt und gearbeitet haben, berichtet Bodi. Seinetwegen seien später die Franziskanermönche hergekommen. Es gebe auch den Glauben, erzählt er, dass in der Grotte Opfer von Herodes begraben lägen. Herodes hatte den biblischen Berichten zufolge nach Jesu Geburt die Ermordung neugeborener Jungen befohlen.

Für 160 Jahre noch reiche der Vorrat des Pulvers, so schätzt Bruder Lawrence. Und auch wenn er einmal zu Ende gehen sollte, so werde die Grotte ihre Kraft doch behalten, meint er und ist überzeugt: "Es werden noch große Dinge geschehen."