Drastischer Personalabbau beim «Spiegel»

epd-bild / Stephan Wallocha
Das "Spiegel"-Verlagsgebäude in der Hamburger Hafencity.
Drastischer Personalabbau beim «Spiegel»
Drastischer Personalabbau und neue journalistische Produkte: Damit will der «Spiegel»-Verlag der aktuellen Medienkrise begegnen.

Hamburg (epd)150 von derzeit 727 Vollzeitstellen wolle der Verlag bis 2018 abbauen, kündigte Geschäftsführer Thomas Hass am Dienstag in Hamburg an. Betriebsbedingte Kündigungen - die ersten in der Verlagsgeschichte - wollte er nicht ausschließen. Unter dem Motto "Agenda 2018" will der Verlag mit rund 100 Einzelmaßnahmen 15 Millionen Euro dauerhaft einsparen, um rote Zahlen zu vermeiden.

Nach einem Beschluss der Gesellschafterversammlung am Montag wurden Belegschaft und Betriebsrat über das Programm informiert, an dem seit Juni gearbeitet wird. Die Beschäftigten hätten die Pläne "mit trauriger Gefasstheit" aufgenommen, sagte Hass. Allein 35 Stellen sollen aus den Redaktionen, 100 Stellen aus dem Verlagsbereich wegfallen. Es sollen nach den Worten von "Spiegel"-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer weder Ressorts noch Korrespondentenbüros geschlossen werden. Neue Arbeitsabläufe in den Redaktionen, Outsourcing von Dienstleistungen und der Abbau von freiwilligen Sozialleistungen sollen die Einsparungen ermöglichen.

Regionalteile im "Spiegel"-Heft

Spezielle Online-Artikel für verschiedene Zielgruppen wolle sich der "Spiegel" künftig bezahlen lassen, kündigte Brinkbäumer an. Erste Bezahl-Artikel auf "Spiegel Online" sollen in den nächsten 100 Tagen angeboten werden. Auch der englische "Spiegel International" für Politiker, Diplomaten und Wirtschaftskräfte soll nur gegen Bezahlung genutzt werden können. Neu wird der kompakte "Spiegel daily" sein, der gemäß seinem Arbeitstitel täglich am späten Nachmittag die Meldungen des Tages anbietet und sie mit Service und Hintergrund anreichert. Auch Regionalteile im "Spiegel"-Heft sind geplant: Mit acht Seiten soll eine erste Ausgabe für Nordrhein-Westfalen im Februar 2016 erscheinen.

Umsatz und Gewinn der "Spiegel"-Gruppe sind seit 2007 deutlich gesunken. So sank der Umsatz um 19 Prozent auf 285 Millionen Euro im Jahr 2014, der Jahresüberschuss um 48 Prozent auf 25,2 Millionen Euro. Die Umsätze des "Spiegel"-Verlags sanken sogar um 21 Prozent, die von Spiegel TV um 44 Prozent. Lediglich "Spiegel Online" legte mit 73 Prozent zu. Für 2015 sollen die Gesellschafter des "Spiegels" einen deutlich verringerten Gewinn erhalten, kündigte Hass an. Ein zweistelliger Millionenbetrag des Überschusses solle in Rückstellungen für den Umbau des Verlags fließen.

Konzept gemeinsam erarbeitet

Das Konzept der "Agenda 2018" hatten die Spitzen aus Redaktion, Verlag und Dokumentation gemeinsam erarbeitet. Nach den Worten Brinkbäumers sind dabei "gemeinsam neue Formen" gefunden worden, die die Grenzen zwischen "Spiegel"-Verlag, "Spiegel Online" und Spiegel TV weitgehend überwunden hätten. Print und Digital hätten mittlerweile mehr Verständnis füreinander, ergänzte Hass. Auch "Spiegel Online" sei von den veränderten Arbeitsabläufen betroffen, sagte Online-Chefredakteur Florian Harms. Ein Abbau bei den 173 Stellen sei aber nicht geplant.

Hauptgesellschafter des "Spiegels" sind die Mitarbeiter, die über eine eigene KG 50,5 Prozent am Unternehmen halten. Weitere Anteilseigner sind der Verlag Gruner + Jahr und die Erben des Magazingründers Rudolf Augstein. Die "Spiegel"-Gruppe beschäftigt rund 1.100 Mitarbeiter.