Flüchtlingsjunge Mohamed offenbar Mehrfachtäter zum Opfer gefallen

Flüchtlingsjunge Mohamed offenbar Mehrfachtäter zum Opfer gefallen
Der Fall des Flüchtlingsjungen Mohamed Januzi hat zu einer Kontroverse darüber geführt, ob die teilweise chaotischen Verhältnisse am Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales eine Mitschuld am Tod des vier Wochen lang vermissten Kindes tragen.

Berlin, Potsdam (epd)Der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg erklärte am Freitag, der Senat trage "mit seiner unendlich verlangsamten Reaktion auf die seit Monaten bemängelten chaotischen Verhältnisse vor dem Lageso eine Mitschuld daran, dass dieses grausame Verbrechen begangen werden konnte". Ähnlich äußerten sich auch die Grünen im Abgeordnetenhaus. Innensenator Frank Henkel (CDU) wies dies in scharfer Form zurück.

Auch verantwortlich für Tod von Elias

Inzwischen wurde bekannt, dass der mutmaßliche Mörder von Mohamed offenbar auch für den Tod des seit dem Sommer in Potsdam vermissten Jungen Elias verantwortlich ist. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) reagierte am Freitag in Potsdam mit großer Bestürzung auf diese Nachricht. Er nannte beide Verbrechen unfassbar: "Ich bin zutiefst erschüttert. Mein Mitgefühl gilt jetzt den Familien der Jungen. Ich wünsche den Angehörigen für die schwere Zeit sehr viel Kraft", sagte Woidke.

Die Vorstandssprecherin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg, Ayse Demir, nannte es am Freitag einen Skandal, dass der Mutter von Mohamed anfangs unterstellt worden sei, sie würde ihr Kind verstecken, um so einer Abschiebung zu entgehen. "Dies erinnert sehr stark an die NSU-Morde, bei denen auch die Familien der Opfer kriminalisiert wurden", sagte Demir. Es bleibe auch ein Skandal, dass es nicht möglich sei, mit seriösem Sicherheitspersonal auf dem Gelände des Lageso für Übersicht zu sorgen.

Die Grünen-Landesparteivorsitzende Bettina Jarasch wurde mit der Aussage zitiert, dass der Berliner Senat insgesamt die Verantwortung dafür trage, dass sich eine solche Tat nicht wiederhole. "Was mich zugleich umtreibt, ist die Sorge, dass es die chaotischen Zustände am Lageso waren, die dem Täter eine Entführung so leicht gemacht haben", fügte sie hinzu.

Leiche übergeben

Berlins Innensenator Henkel zeigte sich seinerseits entrüstet über Äußerungen zu einer angeblichen Mitschuld des Senats: "Ich bin fassungslos, wie man dieses Verbrechen so schnell instrumentalisieren kann." Er halte es für abstoßend, politisches Kapital aus dieser eiskalten Tat schlagen zu wollen und sie mit den Herausforderungen der Flüchtlingslage zu vermischen. "Solche entsetzlichen Verbrechen können auch in anderen Kontexten passieren", sagte der Berliner Innensenator.

Für den Tod der beiden Jungen soll nach jetzigem Ermittlungsstand ein 32-jähriger Mann aus dem brandenburgischen Niedergörsdorf bei Jüterbog verantwortlich sein. Er habe der Polizei am Donnerstag die Leiche des vierjährigen Mohamed übergeben, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in Berlin mit. Der Mann habe ausgesagt, dass es sich um Mohamed handele und dass er ihn getötet habe. Der Mann wurde festgenommen. Die Hintergründe der Taten sind weiter offen.

Der aus Bosnien-Herzegowina stammende Mohamed war am 1. Oktober am Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) im Stadtteil Moabit aus der Obhut seiner Mutter verschwunden.