Stellen für Akademiker noch Mangelware

epd-bild / Werner Krüper
Pflege-Bachelor werden ebenso wie Auszubildende in allen praktischen Belangen der Pflege ausgebildet und sind daher in den gleichen Bereichen einsetzbar.
Stellen für Akademiker noch Mangelware
Pflege-Bachelor machen meist
dieselbe Arbeit wie examinierte Fachkräfte
Von Sophie Elmenthaler und Dirk Baas (epd)
Seit der Empfehlung des Wissenschaftsrates im Sommer 2012, zehn bis 20 Prozent des Pflegepersonals mit Akademikern zu besetzen, drängen die Uniabsolventen verstärkt auf den Pflegemarkt. Die Einrichtungen haben für die besser Qualifizierten aber offenbar noch nicht die passenden Arbeitsplätze.

Berlin, Fürth (epd)Beatrix Schwörer vom Wissenschaftsrat zeigt sich optimistisch. "Wir werden weiter beobachten, welche Berufsbilder sich für die Absolventen herausbilden", sagt die Geschäftsführerin des Rates, dessen Aufgabe es ist, Bund und Länder Empfehlungen zur akademischen Ausbildung zu geben. "Nach ersten Informationen werden die Bachelor von den Arbeitgebern sehr gut angenommen." Zwar sei die Arbeitsteilung zwischen Medizinern und Pflegepersonal in Deutschland noch immer stark durch ein hierarchisches Verständnis geprägt, aber die Diskussion an den Krankenhäusern und bei den Pflegeanbietern verändere sich.

Nicht vorbereitet auf Arbeitsmarkt

Cornelia Heinze ist weit weniger zuversichtlich. Die Absolventen der Pflege-Studiengänge träfen auf einen Arbeitsmarkt, der nicht auf sie vorbereitet sei, kritisiert die Professorin an der Evangelischen Hochschule Berlin: "Von unseren bisher rund 200 Absolventen können die wenigsten ihre Kompetenzen aus dem Studium richtig anwenden."

Pflege-Bachelor werden ebenso wie Auszubildende in allen praktischen Belangen der Pflege ausgebildet und sind daher in den gleichen Bereichen einsetzbar. Zusätzlich dazu sind sie aber akademisch ausgebildet, können also wissenschaftliche Literatur interpretieren und sollen neue Erkenntnisse praxisgerecht aufbereiten. Außerdem soll ihr Studium sie für das Management besonders komplexer Pflegefälle qualifizieren.

Bei ihren Arbeitgebern werden die Absolventen trotzdem für klassische Pfleger-Stellen eingestellt, so wie Johanna Neher. Sie hat an der Hochschule für Gesundheit in Bochum studiert, arbeitet aber seit einem halben Jahr wie eine Krankenpflegerin in einer Klinik. "Das habe ich mir anders vorgestellt", sagt die 23-Jährige. "Ich würde gern viel mehr aus dem Studium umsetzen, aber ich habe einfach keine Zeit dazu." Die Personaldecke sei einfach zu dünn. Auch von ihren Kommilitonen hätten nur die wenigsten eine Stelle gefunden, die wirklich zu ihren Qualifikationen passt.

Um fachliche Arbeit kümmern

In anderen europäischen Ländern wie Schweden oder Spanien ist akademisches Pflegepersonal die Norm. Es übernimmt dort auch weitreichende medizinische Aufgaben, während körperbetonte Pflegeaufgaben wie Waschen oder Essen anreichen von einfachen Hilfskräften ausgeübt werden. Eine solche Arbeitsteilung wünscht sich auch Johanna Neher: "Wenn einfache logistische Aufgaben von Servicekräften gemacht würden, hätten wir mehr Zeit, uns um unsere fachliche Arbeit zu kümmern."

Die Krankenhausbetriebswirtin und Coachin Irene Hößl aus Fürth sieht die Akademisierung der Pflege ebenfalls auf einem guten Weg: "Allerdings wird es noch eine Zeit dauern, bis wir den Qualifikationslevel von zehn Prozent Akademikerinnen erreicht haben. Man könnte sagen, der Arbeitsmarkt macht sich gerade auf den Weg, sich vorzubereiten." Hößl verweist etwa auf das Beispiel der Niederlande, wo schon vor über 30 Jahren mit der Qualifizierung von Pflegekräften auf akademischem Niveau begonnen. "Heute liegt dort der Anteil bei knapp 30 Prozent", erläutert die Expertin.

Karrierewege in der Pflege

Immerhin, so berichtet Hößl: "Einige Einrichtungen machen sich inzwischen auf den Weg, ihre Organisation auf die erweiterten Kompetenzen umzustellen. Jedoch haben wir noch keine flächendeckend evaluierten Konzepte."

Im Arbeitsmarkt der Pflege ist Hößl zufolge generell eine gewisse Zurückhaltung zu spüren, gut qualifizierte Pflegekräfte mit hoher Kompetenz auch gut zu bezahlen. "Hier sehe ich erheblichen Nachholbedarf, Karrierewege in der Pflege, vor allem mit direktem Patientenkontakt, entsprechend zu entlohnen." Der Ball liege im Feld der Arbeitgeber.