Psychiater: Immer mehr junge Männer durch Online-Spielsucht gefährdet

epd-bild / Rolf Zöllner
Immer mehr junge Männer geraten in eine krankhafte Abhängigkeit von Online-Spielen. Beratungsstellen können helfen, die Sucht zu überwinden.
Psychiater: Immer mehr junge Männer durch Online-Spielsucht gefährdet
Wer als junger Menschen seine persönlichen Erfolge ausschließlich im Internet sucht, kann schnell online-süchtig werden. Der Jugendpsychiater Oliver Bilke-Hentsch erklärt den Verlauf der Abhängigkeit.
22.10.2015
epd
Jörg Nielsen (epd-Gespräch)

Ahlhorn (epd)Immer mehr junge Männer geraten nach Ansicht des Jugendpsychiaters Oliver Bilke-Hentsch in eine krankhafte Abhängigkeit von Online-Spielen. "Besonders anfällig sind junge Männer ohne Beschäftigung, die ihre Tages- und Nachtzeiten nach den Erfordernissen von Rollenspielen im Internet ausrichten können", sagte der Chefarzt einer Schweizer Jugendpsychiatrie dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande einer Fachtagung in Ahlhorn bei Oldenburg. Etwa ein bis vier Prozent der regelmäßigen Internetspieler seien süchtig, doch sei die Tendenz steigend.

Frust bis zu schweren Depressionen

Problematisch werde es, wenn ein Mensch die persönlichen Erfolge ausschließlich im Internet suche und finde, sagte Bilke-Hentsch. Auch Mädchen und junge Frauen seien suchtgefährdet, wenn sie ihr gesamtes gesellschaftliches Leben in den sozialen Medien verbrächten, etwa bei Facebook. "Jeder Erfolg beim Rollenspiel, jedes 'like' bei Facebook, ergibt eine messbare Ausschüttung des Glückshormons Dopamin."

Blieben diese Erfolge und Belohnungen jedoch aus, stiegen Enttäuschung und Frust, bis hin zu schweren Depressionen. "Sie werden rückmeldungsabhängig", sagte der Jugendpsychiater. Dieses Phänomen lasse sich auch bei chat-abhängigen Frauen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren feststellen.

Fehle die Rückmeldung über den "Belohnungskanal", könne dies die eigenen Probleme noch schwerer machen. Gesunde Menschen reagierten dann enttäuscht, könnten sich aber anderen Dingen zuwenden oder kreativ reagieren. "Bei psychisch kranken Menschen können sich dagegen die Probleme potenzieren."

Eltern haben Verantwortung

Der Experte forderte Eltern auf, mit ihren Kindern über deren Internetnutzung gerade auch über das Handy zu sprechen. Sie trügen eine große Verantwortung für das Netzverhalten ihrer Kinder: "Hinter jedem Jugendlichen mit einem Handy oder einem PC steht immer ein Erwachsener, der das Gerät und die Programme darauf gekauft und den Internetvertrag dazu unterschrieben hat."