Filmkritik: Turbulenz in der Residenz

Filmkritik - Best Exotic Marigold Hotel 2
Foto: © 2014 Twentieth Century Fox
Szene aus Best Exotic Marigold Hotel 2: Mrs. Kapoor (Lillete Dubey) und Guy (Richard Gere).
Filmkritik: Turbulenz in der Residenz
Neu im Kino: "Best Exotic Marigold Hotel 2"
The show must go on: Richard Gere bringt in "Best Exotic Marigold Hotel 2" das Seniorenhotel ordentlich durcheinander.
01.04.2015
epd
Hans Schifferle

Auch im Alter kann man noch Größe erreichen. Das gilt ebenso für das bröckelige Gebäude wie für die rüstigen Bewohner des Marigold Hotel. John Maddens eingängiger Genre-Hybrid aus Seniorenfilm, Hoteldrama, Bollywood-Musical und Indien-Melo geht in die zweite Runde: mit Richard Gere als Stargast, der alle Emotionen durcheinanderwirbelt im indischen Seniorenhotel Marigold.

Die märchenhaft-melancholische Arbeits- und Lebensgemeinschaft aus alten, oftmals frustrierten Engländern und jungen, erfolgshungrigen Indern hat sich durchaus etabliert. Aber es darf natürlich keinen Stillstand geben im Marigold, jenem Ort, der zwischen alter britischer Ordnung und ewigem indischen Chaos oszilliert. Dann bliebe nämlich für die Alten aus good old Europe wohl nur der Tod und für die Jungen aus dem Schwellenland der ökonomische Ruin. The show must go on, auch im Alter. So hat also John Madden ein Sequel gedreht, in dem das Marigold, dieses kleine globale Do-it-yourself-Paradies, unbedingt expandieren muss.

Das Spiel von Dauer und Neubeginn

Der junge indische Hoteldirektor Sonny, von Dev Patel als listiger, exotischer Träumer dargestellt, und seine Mentorin, die alte englische Jungfer Muriel, gespielt von der großen Maggie Smith, dieses schöne, geschäftstüchtige Paar, das die Historie des englisch-indischen Verhältnisses widerspiegelt und zugleich in einem neuen Licht erscheinen lässt, unternimmt im Prolog des Films einen USA-Trip. In Amerika wollen die beiden für ihr Senioren-Projekt Investoren finden. Eine Hotelkette, spezialisiert auf ältere Gäste, zeigt vages Interesse. Man werde einen Prüfer ins Marigold nach Indien schicken, quasi einen Undercover-Agenten, der die Rentabilität des Hotels erkunden soll.

Im Marigold findet derweilen das immerwährende Spiel von Dauer und Neubeginn statt. Private Ängste und Träume werden erhöht im halböffentlichen Raum des Hotels. Das provisorische Marigold, schwankend zwischen Verfall und Aufstieg, wirkt wie ein Ort der letzten Chancen für eine kleine indisch-europäische Gesellschaft.

Im Gewebe der Figuren ragen Judi Dench und Bill Nighy hervor. Sie, mit ihrer Stärke und Ernsthaftigkeit gewissermaßen eine Premierministerin der Herzen, die in Indien wieder zu arbeiten beginnt, und er, der zerstreute Romantiker, der ein wenig sein Gedächtnis verliert: Sie sind das zentrale Liebespaar, das die Vergangenheit überwinden und noch zueinanderfinden muss. Daneben gibt es die Jungen: den bereits erwähnten, übereifrigen Hotelchef Sonny Kapoor, der kurz vor der Hochzeit mit seiner Sunaina (Tina Desai) steht, aber von Eifersucht und Ehrgeiz geplagt wird.

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Zwei Paare, die ihre Zukunft in den Griff kriegen und zueinanderfinden müssen. Von all den anderen Bewohnern, die in mehr oder weniger gelungenen tragikomischen Verwicklungen stecken, ragt Celia Imre erneut heraus: Keine kann so wunderbar den schönen, deftigen Sex-Appeal einer über 60-Jährigen ausspielen wie sie.

Der Aufhänger der Fortsetzung liegt nun darin, wer sich unter den wenigen neuen Gästen als heimlicher Agent der US-Investoren entpuppt. Eines Tages erscheint im Hof des Hotels ein Mann, der gewiss ein heimlicher Agent in allen sentimentalen und erotischen Angelegenheiten sein könnte. Es tritt auf: Richard Gere als Guy Chambers, der tatsächlich auf der Suche nach dem wahren Lebensabend ist und bald in ein heftiges amerikanisch-indisches Melo mit der sinnlichen Mutter des Hotelchefs (Lillete Dubey) verstrickt wird. Geres Gastrolle ist großartig, eine vitale Performance, die den Schock wie den Glamour des Alters beinhaltet.

Man muss es John Madden und seinem Autor Ol Parker hoch anrechnen, dass sie die perfekte Feelgood-Dramaturgie dieser internationalen Produktion gleichsam durchlässig gemacht haben, mit subtilen, widerspenstigen, manchmal sogar poetischen Reflexionen über Alter, Liebe und Lebensglück.

USA/Großbritannien 2015. Regie: John Madden. Buch: Ol Parker. Mit: Judi Dench, Maggie Smith, Richard Gere, Bill Nighy, Dev Patel, David Strathairn, Penelope Wilton, Celia Imre, Tina Desai, Lillete Dubey, Tamsin Greig. Länge: 122 Minuten. FSK: Freigegeben ohne Altersbeschränkung.