Buß- und Bettag: Einkehr und Umkehr

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Buß- und Bettag: Einkehr und Umkehr
Den Buß- und Bettag kennen viele vor allem aus der Diskussion um seine Abschaffung als gesetzlicher Feiertag. Dennoch – oder gerade deswegen – begehen und gestalten Protestanten nach wie vor den kirchlichen Feiertag kurz vor Ende des Kirchenjahres.

Der Mittwoch vor dem Ewigkeitssonntag, elf Tage vor dem ersten Advent, ist Buß- und Bettag. An diesem Tag des Kirchenjahres soll Zeit und Raum sein, über Fehler und Irrwege im persönlichen wie im gesellschaftlichen Leben nachzudenken und eine Kurskorrektur oder Umkehr zu beschließen. Christen betrachten ihr Leben im Licht ihres Glaubens und loten aus, womit sie hadern und worauf sie hoffen. Dafür wenden sie sich im Gebet an Gott.

Kein Halleluja im Bußtags-Gottesdienst

Als feste Größe im Kirchenjahr erinnert der Buß- und Bettag daran, dass Momente der Besinnung, der Versöhnung und der Umkehr für den Einzelnen wie für das gesellschaftliche Zusammenleben wichtig sind im Leben. In diesem Sinne hat der Buß- und Bettag - auch als Werktag - seine Bedeutung als kirchlicher Feiertag nicht verloren. Viele Gemeinden laden zu Andachten oder Gottesdiensten ein, meist am frühen Abend, um auch Berufstätigen die Teilnahme zu ermöglichen. Die liturgische Farbe des Buß- und Bettages ist lila, als Farbe der Einkehr und Buße; im Gottesdienst wird kein Halleluja gesungen. Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern gestalten den Buß- und Bettag jährlich auch als Themenkampagne im Internet.

Religiöse Bußzeiten haben eine lange Tradition, seit Beginn der Kirche gibt es Buß- und Bettage, die mit Fasten und Gebet begangen wurden. Die Gläubigen sollten ihr Gewissen vor Gott prüfen, kirchliche Würdenträger beteten um Vergebung für die Schuld des Einzelnen und warnten vor gesellschaftlichen und politischen Fehlentwicklungen.

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47 Bußtage an 24 verschiedenen Tagen

Ein protestantischer Buß- und Bettag wurde das erste Mal 1532 in Straßburg offiziell eingeführt und dann lange Zeit an unterschiedlichen Tagen und zu aktuellen Anlässen, wie etwa während des Dreißigjährigen Krieges, begangen. Einer Statistik aus dem Jahr 1878 zufolge gab es damals in 28 Ländern noch 47 verschiedene Bußtage an 24 verschiednen Tagen. Diese regional abweichenden Termine vereinheitlichte die preußische Generalsynode 1892 auf einen Buß- und Bettag am letzten Mittwoch des Kirchenjahres. Der Mittwoch galt immer als Tag des Verrats Jesu und hatte deshalb, wie auch der Freitag als Tag der Kreuzigung, den Charakter eines Buß- Fastentags.

Seit dem Zweiten Weltkrieg galt der Buß- und Bettag in den meisten Bundesländern, ab 1981 dann in allen, als gesetzlicher Feiertag - bis er 1995 gestrichen wurde, um den Beitrag der Arbeitgeber zur 1995 eingeführten Pflegeversicherung finanziell aufzufangen. Nur Sachsen hat ihn als arbeitsfreien Feiertag bis heute erhalten – die Bevölkerung leistet dafür einen finanziell höheren Beitrag zur Pflegeversicherung.

Gesellschaftliche Grundsatzdebatten und Ratgeberliteratur

Die Geste der Besinnung und Selbstkritik erscheint in Zeiten gesellschaftlicher Grundsatzdebatten und überbordender Regale voller Ratgeberliteratur in den Privathaushalten durchaus zeitgemäß. Mit dem Namen „Bußtag“, der heute etwas befremdlich und ein bisschen düster klingt, können aber viele nichts mehr anfangen. Das alte Wort „Buße“ ist umgangssprachlich kaum mehr in Gebrauch und lässt an Strafe und Sühne denken. Früher wurde der Begriff Buße gleichbedeutend mit Beichte benutzt, wie noch zu Martin Luthers Zeiten. Der Reformator hatte aber gerade am Verständnis von Beichte und Buße der damaligen Kirche einiges auszusetzen.

Er hielt es für falsch, dass man für einen gebeichteten Fehler von einem Priester eine Bußhandlung auferlegt bekam und dann, beispielsweise nach dem Beten etlicher Rosenkränze, von seiner Schuld freigesprochen wurde. Seiner Meinung nach war die innere Einsicht und Umkehr wesentlich für den Freispruch – der auch nur von Gott kommen kann, und nicht von einem Priester. Luther ging es darum, dass "das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll" - so die erste seiner 95 Thesen an der Schlosskirche zu Wittenberg. Darum ist es ein ganz und gar protestantischer Gedanke, sich im Gebet an Gott zu wenden und die eigene Lebens- und Glaubenshaltung zu prüfen.

Befreiend und aktuell wie eh und je

Der Buß- und Bettag wird darum auch als der "evangelischste" unter den kirchlichen Feiertagen bezeichnet. Im Namen „Buß- und Bettag" soll zum Ausdruck kommen, dass es um einen Tag des Bittens und Betens um Einsicht, Vergebung und Kraft zur Umkehr geht. Damit ist der Sinn und das Anliegen des kirchlichen Feiertags befreiend - und so aktuell wie eh und je.