Regierung will mehr Rechte für Schwerbehinderte in Unternehmen

Regierung will mehr Rechte für Schwerbehinderte in Unternehmen
Die Bundesbehindertenbeauftragte Verena Bentele will die Rechte schwerbehinderter Menschen in Unternehmen stärken. "Ich möchte zum Beispiel erreichen, dass bereits ab 100 oder 150 schwerbehinderten Beschäftigten im Betrieb eine Vertrauensperson als Ansprechpartner von der Arbeit freigestellt werden muss", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin.

Derzeit liegt die Grenze bei 200 schwerbehinderten Beschäftigten im Unternehmen.In Deutschland leben mehr als 7,5 Millionen Menschen mit Behinderungen, fast zehn Prozent der Bevölkerung. Die Beschäftigung von Schwerbehinderten in den Unternehmen könne keinesfalls zufriedenstellen, sagte Bentele. Mehr als 37.500 Betriebe hätten trotz gesetzlicher Pflicht keinen einzigen Schwerbehinderten in der Belegschaft. "Die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung ist in den zurückliegenden zwölf Monaten weiter gestiegen", sagte Bentele.

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Arbeitgeber mit mindestens 20 Beschäftigten sind verpflichtet, wenigstens fünf Prozent der Stellen mit Schwerbehinderten zu besetzen. Für jeden unbesetzten Arbeitsplatz ist eine monatliche Ausgleichsabgabe zwischen 115 bis 290 Euro fällig. Bentele bekräftigte ihre Forderung nach einer Erhöhung dieser Abgabe für Unternehmen, die keinen einzigen Menschen mit Behinderung beschäftigen. Dies wäre "ein Instrument, um nochmal den Druck zu erhöhen". Die Quote zur Beschäftigung von Schwerbehinderten in Betrieben mit über 20 Mitarbeitern sei "in Europa etwas sehr Besonderes". "Viele unserer Nachbarn haben so etwas nicht."

Generell löse die Erhöhung allein das Problem jedoch nicht, unterstrich die Beauftragte. Wichtig sei, Betriebe gezielt zu informieren und bei der Einstellung von Behinderten zu unterstützen. "Für viele Unternehmen kommen Menschen mit Behinderung trotz ihrer überdurchschnittlich guten Ausbildung gar nicht als Fachkräfte in Betracht." Häufig gebe es Vorurteile, wie etwa, dass diese unkündbar seien. "Wir brauchen Ansprechpartner, die dafür sorgen, dass die richtigen Stellen gefunden und die passenden Anträge gestellt werden, aber auch dass Menschen mit Behinderungen bei Einstellungsgesprächen begleitet und diese Einstellungsgespräche vom Unternehmen aus mit dem nötigen Sachverstand geführt werden", sagte Bentele.

Notwendig: Mehr "Bewusstseinsbildung"

Notwendig sei darüber hinaus eine stärkere "Bewusstseinsbildung" bei Wirtschaftsverbänden und Kammern, fügte sie hinzu: "Wir müssen aktiv auf die Betriebe zugehen und aufzeigen, welche Unterstützung sie etwa von Integrationsfachdiensten oder durch Berufsbildungswerke erhalten oder welche Zuschüsse man bekommen kann." Bentele hob hervor, aus ihrer Sicht sei es anstelle von Sanktionen viel wirksamer, Betrieben mehr Vorteile zu gewähren, die von sich aus in den Abbau von Barrieren investierten.

Optimistisch äußerte sich die Beauftragte, dass die lange erwartete Reform des Teilhabegesetzes zum 1. Januar 2017 in Kraft treten kann. Ein Knackpunkt hier sei die Einkommens- und Vermögensgrenze. "Es kann nicht sein, dass Schwerbehinderte mit einem hohen Unterstützungsbedarf wie derzeit nur maximal 2.600 Euro ansparen dürfen und alle anderen Mittel für die Assistenz verrechnet werden", sagte Bentele. Auch ein Mensch mit Behinderung müsse sich Dinge leisten können, die für andere Menschen erstrebenswert seien.