Sorge über islamfeindliche Kundgebungen wächst

Foto: dpa/Jan Woitas
Sorge über islamfeindliche Kundgebungen wächst
In Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften wächst die Sorge angesichts anti-islamischer und ausländerfeindlicher Kundgebungen in deutschen Städten. Eine Umfrage zeigt unterdessen, dass viele Deutsche eine zunehmende Islamisierung befürchten.

Frankfurt a.M. (epd). Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften zeigen sich besorgt angesichts anti-islamischer und ausländerfeindlicher Kundgebungen. DGB-Chef Reiner Hoffmann forderte ein deutliches gesellschaftliches Signal gegen die Aktionen des Dresdner "Pegida"-Bündnisses. BDI-Präsident Ulrich Grillo unterstrich, dass Deutschland wegen der demografischen Entwicklung Zuwanderung brauche. Laut einer Umfrage für das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" befürchten 34 Prozent der Deutschen eine zunehmende Islamisierung.

###mehr-artikel###

In Dresden und weiteren Städten finden seit Wochen regelmäßig islamfeindliche Demonstrationen der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" ("Pegida") und örtlichen Ablegern der Gruppe statt. Am vergangenen Montag hatten sich daran in Dresden annähernd 10.000 Menschen beteiligt, denen etwa gleich viel Gegendemonstranten gegenüber standen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte dem "Spiegel" mit Blick auf den Zulauf zu den "Pegida"-Demonstrationen: "Mich besorgt, wie schnell die Teilnehmerzahl bei den Demonstrationen innerhalb weniger Wochen in die Höhe geschnellt ist." Die Innenminister von Bund und Ländern hatten bereits am Freitag zum Abschluss ihrer Herbsttagung in Köln vor wachsender Hetze gegen Ausländer und Muslime gewarnt.

Auch bei den Gewerkschaften und in der Wirtschaft wächst die Sorge über die ausländerfeindlichen Kundgebungen. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Hoffmann, forderte: "Wir brauchen ein möglichst breites Bündnis gegen diese sogenannten Pegida-Demonstrationen." Demokraten sollten gemeinsam gegen diese "Stimmungsmache" aufstehen, sagte der DGB-Chef der "Bild am Sonntag".

Viele Deutsche sind mit Zuwanderungspolitik nicht zufrieden

Besorgt zeigte sich auch der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo. "Mich besorgen diese Aufmärsche. Wir brauchen Zuwanderung schon aufgrund der demografischen Entwicklung. Migranten müssen in Deutschland willkommen sein und vernünftig integriert werden", sagte Grillo der "Bild am Sonntag". Er verwies darauf, dass die Flüchtlinge aus Bürgerkriegsländern zum Teil eine sehr gute Ausbildung hätten. Daher sollten sie in Deutschland schneller arbeiten dürfen.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann bezeichnete in der "Welt am Sonntag" die Einwanderungspolitik als "das vermutlich wichtigste Thema des kommenden Jahrzehnts". Damit müsse man "viel offensiver umgehen". Grünen-Chef Cem Özdemir sieht Deutschland angesichts der "Pegida"-Demonstrationen "jetzt vor einer Prüfung?. Er forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu auf, "sich klar zu bekennen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und dass wir davon profitieren".

Auch Vertreter muslimischer Gemeinden sind in Sorge über einen wachsenden Zulauf anti-islamischer Bewegungen. Der Gemeindevorsitzende der Sehitlik-Moschee in Berlin-Neukölln, Ender Cetin, sagte am Samstag im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), er fürchte, dass sich die anti-islamische Mobilisierung nicht auf Dresden beschränke. Die Moscheen fürchteten um ihre Sicherheit. Schon seit 2012 werde eine Zunahme der Anschläge auf Moscheen beobachtet. Es gebe aktuell "über 2.500 Moscheen, die sich gefährdet fühlen durch die Angriffe von Rechtsradikalen", sagte Cetin.

Einer Umfrage für das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zufolge sind knapp zwei Drittel der Deutschen (65 Prozent) der Ansicht, die Regierungsparteien gingen nicht ausreichend auf die Sorgen der Bürger in Sachen Flüchtlingspolitik und Zuwanderung ein. Laut der Umfrage von TNS Forschung sehen nur 28 Prozent kein solches Defizit. Zudem sind 34 Prozent der Befragten der Ansicht, dass in Deutschland zunehmend eine Islamisierung stattfindet.