Filmkritik: "Am Sonntag bist du tot"

Foto: epd/Ascot
Filmkritik: "Am Sonntag bist du tot"
Priester und Pistole: "Am Sonntag bist du tot" ist ein kraftvolles Drama an der rauen irischen Küste: Im Beichtstuhl erhält der Priester eine Morddrohung - eine Woche habe er Zeit, sein Leben in Ordnung zu bringen, dann würde er vom Beichtenden umgebracht werden.
22.10.2014
epd
Hans Schifferle

Von Don Camillo bis Pater Brown, von Bressons "Tagebuch eines Landpfarrers" bis zu Hitchcocks "Ich beichte" reicht das unerforschte und schöne Subgenre des Priesterfilms, in dem es immer um alles geht, um Komik und Tragik, Leben und Tod, das Körperliche und das Spirituelle, Liebe und Erlösung. Der Priester ist dabei stets ein Beobachter und Außenseiter, bestenfalls ein unsicherer Mittler, der sich mit seinen weltlichen Gegenspielern um das Wohl seiner Gemeinde streitet.

Dieses klassische kleine Genre der Versöhnung haben Regisseur und Autor John Michael McDonagh und der Hauptdarsteller Brendan Gleeson, die schon in "The Guard" zusammengearbeitet haben, neu belebt. Und mit dem Genre beschwören sie eine differenzierte Sichtweise auf die Figur des katholischen Pfarrers jenseits von allgegenwärtiger medialer Satire und Häme. Der Charakter des irischen Dorfpriesters James Lavelle ist also auch eine Provokation: ein vollkommen guter Mensch mit Vergangenheit, der das Leben kennt in allen Facetten und jetzt die Sünden der Dorfbewohner und vor allem der Kirche selbst auf sich nehmen muss. Schließlich ist er mit einer Morddrohung konfrontiert. Der Beichtende sei als Kind von einem Kirchenmann missbraucht worden. Um diesen Missbrauch zu rächen, wolle er einen unschuldigen Priester ermorden. Seine Wahl sei auf Lavelle gefallen.

Eine schwermütige Landschaft des menschlichen Seins

James Lavelle versucht, den Drohenden ausfindig zu machen und umzustimmen. Der Weg führt ihn durch das Dorf, zu den Menschen, um die er sich kümmert: die Sünder und Opfer, die Egoisten und Skeptiker, allesamt rebellisch, gemein und verletzlich zugleich angesichts der irischen Banken-, Kirchen- und Autoritätskrise. Es treten auf: eine treulose Ehefrau, ihr zynischer Mann und ihr verunsicherter farbiger Lover; ein verzweifelter Stricher und ein Jungmann ohne Liebe und Sex; ein arroganter Banker zwischen Gier und Depression; eine junge Frau, deren vollkommenes Glück zerstört wird; ein grimmiger Wirt, der zum Buddhismus tendiert; ein junger Schwerverbrecher, der eine Bestie sein soll...

Eine wahre Flut an Hass, Tragik und Traurigkeit schlägt dem Priester entgegen. Was an Komik aufblitzt, wird schnell von Schwere und Düsternis erstickt. Gleesons ausdrucksstarkes Gesicht wird zu einer schwermütigen Landschaft des menschlichen Seins. Die Unschuld, selbst wenn sie vorhanden ist, kann niemand mehr wahrnehmen. Positiv stimmt auch, dass der Film von der Republik Irland und Großbritannien gemeinsam produziert wurde.

Irland, GB 2014. Regie, Buch: John Michael McDonagh. Mit: Brendan Gleeson, Chris O’Dowd, Kelly Reilly, Aidan Gillen, Dylan Moran, Isaach De Bankolé, Marie-Josée Croze Länge: 100 Min. FSK: 16, ff. Film des Monats der Ev. Filmarbeit.