Politik streitet über bestes Vorgehen gegen Salafisten

Politik streitet über bestes Vorgehen gegen Salafisten
Das Auftreten sogenannter islamistischer Sittenwächter in Wuppertal hat eine Diskussion über das richtige Vorgehen gegen radikale Salafisten ausgelöst.

Während Unionspolitiker für schärfere Gesetze plädieren, setzt Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) auf mehr Prävention. Ähnlich äußerten sich am Montag Vertreter der Muslime und die evangelische Kirche. Die Wuppertaler Polizei läuft derweil weiter verstärkt Streife. Ein eigens eingerichtetes Bürgertelefon sei aber abgeschaltet worden, weil es am Wochenende kaum Anrufe und keine weiteren Vorfälle mehr gegeben habe, sagte ein Polizeisprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Vor einigen Tagen waren Angehörige der salafistischen Szene in orangefarbenen Leuchtwesten mit dem Aufdruck "Shariah Police" durch Wuppertal patrouilliert - die Scharia ist das islamische Gesetz. Die selbst ernannten "Scharia-Polizisten" sprachen junge Leute an, um sie von Alkoholkonsum und Glücksspiel abzuhalten. Beweggrund für die Aktion war nach Angaben des deutschen Salafistenpredigers Sven Lau, Aufmerksamkeit zu erregen: "Wir wussten, dass das polarisierend wirken wird", sagte er in einem Internet-Video.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach in der Bild"-Zeitung (Montagsausgabe) von einem Angriff der Salafisten auf den deutschen Rechtsstaat und einer "Kriegserklärung, die wir nicht tolerieren dürfen". Als Konsequenz fordert Herrmann, "unsere Rechtsordnung in allen Bereichen - ausgehend vom Strafrecht, vom Staatsangehörigkeitsrecht, Versammlungsrecht und Ausländerrecht - so rasch wie möglich auf 'Islamistenfestigkeit' zu überprüfen und gegebenenfalls nachzujustieren". Dazu müsse die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

Kirche setzt auf Sozial- und Jugendarbeit

Auch der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), will notfalls Gesetze verschärfen. Eine wehrhafte Demokratie könne es sich nicht erlauben, "hier achselzuckend zur Tagesordnung überzugehen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montagsausgabe). Am Wochenende hatten bereits Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) und der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer ein Verbot der "Scharia-Polizei" gefordert. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) unterstrichen, eine islamische Paralleljustiz werde in Deutschland nicht geduldet.

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Innenminister Jäger wandte sich am Montag klar gegen schärfere Gesetze. "Der Rechtsstaat hat ausreichend Instrumente, um gegen diese paar Verwirrten vorzugehen", sagte der amtierende Vorsitzende der Innenminister-Konferenz, der die Uniformierung der salafistischen Moralwächter per Erlass verboten hatte, im Radiosender SWR2. Nötig seien dagegen länderspezifische Programme für junge Leute, die in die salafistische Szene abzurutschen drohen oder aus ihr aussteigen wollen. Nordrhein-Westfalen habe gute Erfahrungen mit lokalen Netzwerken in Zusammenarbeit mit Moscheevereinen gemacht, in denen auf gefährdete junge Leute eingewirkt werde.

Auch der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, Ali Kizilkaya, lehnt schärfere Gesetze ab. "Man darf diesen paar Leuten nicht mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie verdienen", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Montagsausgabe). Die allermeisten Muslime fänden es "eher lächerlich, was dort passiert". Im Koordinationsrat sind die vier großen Islamverbände - Türkisch-Islamische Union, Zentralrat der Muslime, Islamrat und der Verband der Islamischen Kulturzentren - zusammengeschlossen.

Zustimmung dazu kommt vom Interessenverband der Wuppertaler Moscheen. Zu den Aufgaben der örtlichen Moscheevereine gehöre, junge Muslime "durch Aufklärung und qualifizierte Unterweisung" vor einem Abgleiten in religiösen Extremismus zu bewahren, sagte ein Sprecher. Vor zu viel Aufmerksamkeit für Salafisten warnt auch die evangelische Kirche in Wuppertal. "Man hat diesen Leuten einen großen Gefallen getan, dass sie in der Tagespresse so präsent waren", kritisierte Superintendentin Ilka Federschmidt. Die Kirche setze auf Sozial- und Jugendarbeit und wirke in der lokalen Initiative für Demokratie und Toleranz mit.