Stadt Winnenden fordert 14 Mio Euro von Amokläufer-Eltern

Stadt Winnenden fordert 14 Mio Euro von Amokläufer-Eltern
Trotz des gekippten Urteils gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden will die Stadt an ihren Schadensersatzansprüchen festhalten. Die Kommune fordere von den Eltern des Täters 14 Millionen Euro, teilte die Stadt Winnenden am Montagabend mit.

Alleine 6,5 Millionen seien in die Neu- und Umgestaltung des Schulkomplexes der Albertville-Realschule gesteckt worden. Der Bundesgerichtshof hatte am Montag das Urteil des Landgerichts Stuttgart gegen den Unternehmer Jörg K. gekippt. Er war im Februar vergangenen Jahres zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, weil er seinem Sohn den Zugang zu Waffen und Munition ermöglicht habe. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht in einem am Montag bekanntgewordenen Beschluss einen entscheidenden Verfahrensfehler im Umgang mit einer wichtigen Zeugin. Diese hatte zunächst den Vater schwer belastet, sich später aber auf ihr Schweigerecht berufen, bevor die Verteidigung sie befragen konnte. Deshalb sei eine Revision des Verfahrens berechtigt.

Die Karlsruher Richter unterstützen das Stuttgarter Urteil allerdings im Blick auf die mögliche Vorhersehbarkeit der Tat. Schon die unzulängliche Sicherung von Waffen und Munition sei ein Grund, von der fahrlässigen Verursachung von Straftaten auszugehen. Die Stadt Winnenden sieht sich deshalb nach eigenen Worten gestärkt, im Interesse der Steuerzahler bestehende Schadensersatzansprüche durchsetzen zu können.

Einer der Verteidiger des Vaters, Hubert Gorka, sagte dem epd dagegen, es sei gut, dass das Landgericht Stuttgart nun neu zu urteilen habe, weil die Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung "nicht zutreffend" sei. Seiner Meinung nach müsse der Vater freigesprochen werden. Vielleicht könnte ein neues Verfahren auch zur Versöhnung und einem "Aufeinander zugehen" zwischen dem Vater des Amokläufers und den Opfereltern beitragen.

Rechtsanwältin Michaela Spandau, die Opfereltern vor Gericht vertreten hatte, findet die BGH-Entscheidung "sehr schwierig für alle Angehörigen". Für die Trauerarbeit sei es wichtig gewesen, dass nach einem harten und langen Prozess ein Schlussstrich gezogen und der Vater des Amokläufers verurteilt wurde. Nun sei der Ausgang des Prozesses wieder völlig offen, bedauerte Spandau.

Roman Grafe, Sprecher der Initiative "Keine Mordwaffen als Sportwaffen!", sagte einer Mitteilung zufolge, schon das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom Februar 2011 sei unangemessen milde gewesen. Wenn der Verurteilte Jörg K. inzwischen etwas Mitgefühl entwickelt hätte, würde er seine Revision umgehend zurückziehen, um den Betroffenen weitere Zumutungen in einer neuen Verhandlung zu ersparen.

Der 17-jährige ehemalige Schüler Tim K. hatte am 11. März 2009 die Albertville-Realschule in der Kleinstadt Winnenden bei Stuttgart gestürmt und dort neun Schüler und drei Lehrerinnen erschossen. Auf der Flucht tötete er drei weitere Menschen, bevor er sich selbst das Leben nahm.