Obama nährt Vision von atomwaffenfreier Welt

Obama nährt Vision von atomwaffenfreier Welt
US-Präsident Barack Obama arbeitet weiter an seiner Vision einer Welt ohne Atomwaffen. Um die Absicht glaubwürdig zu machen, will er mit Russland wieder über atomare Abrüstung reden. An Iran und Nordkorea richtet er Warnungen.
27.03.2012
Von Dirk Godder

US-Präsident Barack Obama hält seine Vision von einer Welt ohne Atomwaffen am Leben, ohne sich dabei Illusionen hinzugeben. Wie diese Vision werde jedoch auch die "Vision eines Koreas, das vereinigt ist, vielleicht nicht schnell erreicht werden". Obama sprach am Montag vor Studenten in Seoul, bevor er mit Staats- und Regierungschefs sowie anderen hochrangigen Regierungsvertretern aus aller Welt diskutierte, wie sie einem Nuklearterrorismus vorbeugen können.

Ausflug an Grenze als Zeichen

Der Ort des zweiten Gipfeltreffens zur Nuklearsicherheit wurde nach dem Auftakt vor zwei Jahren in Washington ganz bewusst gewählt. Denn das Atom- und Raketenprogramm von Südkoreas Nachbarland Nordkorea wird in der Region als Bedrohung gesehen.

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Obama will mit dem Treffen auch den Verbündeten Südkorea stärken und ein Zeichen für seine Initiative zur Atomsicherheit setzen. Auch sein Ausflug am Sonntag zu Beginn seines Besuchs in Südkorea hatte Symbolgehalt. Zum ersten Mal stand Obama an der stark befestigten innerkoreanischen Grenze und blickte mit einem Fernglas in den abgeschotteten Norden.

Vision von einer atomwaffenfreien Welt

Seine Rede vor jungen Zuhörern war denn auch von Optimismus geprägt. Zum einen sprach er nicht ohne Pathos über seine Hoffnung auf ein bald wiedervereinigtes Korea: "Die Strömungen der Geschichte können nicht für immer zurückgehalten werden." Auf der anderen Seite bekräftigt er seine Vision von einer atomwaffenfreien Welt. "Wir wissen, es gibt solche, die unsere Vision belächeln. Doch allen, die Zweifel an einen Fortschritt hätten, sage er: "Kommt nach (Süd-) Korea." Russland bot er neue Gespräche über die Reduzierung der Atomwaffenarsenale beider Länder an.

Darüber hinaus verspricht sich Obama mehr konkrete Aktionen der Teilnehmer, weltweit gefährdetes Nuklearmaterial zu sichern. Atomwaffen in der Hand von Terroristen gelten für ihn als eine der größten Bedrohungen der Gegenwart wie für die Zukunft.

Doch die Wahl des Veranstaltungsorts brachte es zugleich mit sich, dass der Konflikt mit Nordkorea bisher den Gipfel überlagerte. Besonders bei Obamas Treffen mit Chinas Präsident Hu Jintao stand Nordkorea oben auf der Tagesordnung. Nachdem der US-Präsident am Tag zuvor die Führung in Peking dafür getadelt hatte, nicht genug zu tun, um Pjöngjang in Schach zu halten, rief er Hu Jintao mit Blick auf Nordkorea zur Zusammenarbeit und stärkeren Koordinierung auf. Zuletzt hatte auch Nordkoreas Ankündigung eines umstritten Satellitenstarts weltweit für neue Aufregung gesorgt.

Aufruf zum Schutz gegen Atomterrorismus

Obama und andere Teilnehmer des Weltgipfels für Atomsicherheit haben zur stärkeren Zusammenarbeit bei der Vorbeugung von Nuklearterrorismus aufgerufen. "Die Sicherheit der Welt hängt von unseren Aktionen ab, die wir unternehmen", sagte Obama am Dienstag in Seoul.

Die internationale Gemeinschaft habe zwar Fortschritte bei der Beseitigung von Nuklearmaterialien gemacht. Doch die Gefahr bleibe weiter bestehen, dass diese Materialien in die Hände von Terroristen fallen. "Es würde nicht viel, vielleicht nur eine Handvoll von Materialen reichen, um Hunderttausende von unschuldigen Menschen zu töten", sagte Obama. Das sei keine Übertreibung.

Warnung an den Iran: "Die Zeit ist knapp"

Die USA können nach den Worten von Obama ihr Atomwaffenarsenal weiter reduzieren, ohne dabei ihre strategische Abschreckung oder die Sicherheit der Alliierten zu gefährden. "Wir können mit fester Überzeugung sagen, dass wir mehr Atomwaffen haben als nötig", sagte Obama.

Obama kündigte deshalb am Rande des zweiten Gipfeltreffens zur Nuklearsicherheit an, er wolle im Mai mit dem künftigen russischen Präsidenten Wladimir Putin über eine weitere Reduzierung der Atomwaffen beider Länder reden. Der US-Präsident rief auch China auf, es solle sich angesichts seines weiter wachsenden Kernwaffenbestands an dem Abrüstungsdialog beteiligen. Von Nordkorea und dem Iran forderte er, in den Konflikten um ihre Atomprogramme einzulenken.

An den Iran gewandt, sagte Obama, es gebe noch immer Zeit für Diplomatie, um den Atomstreit zu lösen. "Doch die Zeit ist kurz", warnte er. Der Westen verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel der zivilen Atomforschung an Atomwaffen zu arbeiten. Die Führung in Teheran bestreitet das.

Kritik: Gipfel gibt keine verbindlichen Richtlinien vor

Der Streit mit Nordkorea könnte vom Gipfelthema ablenken, warnten Experten. So wies Li Hong von der Chinesischen Vereinigung für Rüstungskontrolle und Abrüstung die Kritik zurück, dass nicht über den Konflikt mit Nordkorea geredet werde. "Wenn wir uns auf den Satellitenstart konzentrieren, dann ist das wahrscheinlich genau das, was Nordkorea wollte." Darauf solle man nicht hereinfallen.

Auch US-Experten wiesen zurück, man habe Nordkorea und den Iran wegen ihrer Atomprogramme einladen sollen. "Sie würden nur von den Kernthemen ablenken", sagte Alexandra Toma von der Fissile Materials Working Group (Arbeitsgruppe für Spaltmateralien) in Seoul. Die Gruppe fordert, dass die Länder ihre Anstrengungen zur Sicherung und Beseitigung von hochangereichertem Uran (HEU) und Plutonium sowie ihrer Atomwaffenarsenale verstärken sollten. Sie beklagen vor allem, dass der Gipfel keine verbindlichen Richtlinien vorgibt. So ist auch Obamas Ziel, gefährdetes Nuklearmaterial bis 2014 "wegzuschließen", noch weit von der Realisierung entfernt.

dpa