Frauen in Bangladesch wehren sich gegen die Mitgift

Frauen in Bangladesch wehren sich gegen die Mitgift
Eigentlich ist sie in Bangladesch seit mehr als dreißig Jahren verboten: die Mitgift. Der Brauch existiert dennoch weiter - doch einige Frauen wehren sich. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat die Gewalt in Verbindung mit einer Mitgift in Bangladesch zum Tod von mehr als 2.000 Frauen geführt.
02.02.2012
Von Nazrul Islam

Wenige Stunden nach der Hochzeit reichte es Farsana Jasmin. Sie verlangte die Scheidung. Der Grund: Die Tante ihres Mannes forderte eine Mitgift von ihr. Ohrringe, ein Bett, einen Kühlschrank, ein Motorrad - zahlen sollte die Familie von Jasmin. "Wenn ich nicht protestiere, wer wird es dann tun?", sagt die junge Frau Ende zwanzig. "Wir müssen irgendwo anfangen."

In Bangladesch sind Mitgiften schon seit mehr als dreißig Jahren gesetzlich verboten. Sie verstoßen zudem gegen die islamischen Regeln im Land. "Wir wissen nicht genau, wann Muslime auf dem indischen Subkontinent diesen Brauch der Aussteuer für den Mann übernommen haben", sagt Syed Anwar Husain, Geschichtsprofessor an der Universität in Dhaka. Doch wo auch immer der Brauch herkommt: Noch immer werden Medienberichten zufolge Frauen von ihren Männern geschlagen und sogar getötet, wenn ihre Familien nicht zahlen können oder wollen.

Frauen werden getötet, weil sie keine Mitgift in die Ehe bringen

Jasmin hat für ihre Entscheidung viel Lob bekommen. Denn einer solchen Forderung zu widersprechen, ist mutig: In den vergangenen zehn Jahren hat die Gewalt in Verbindung mit einer Mitgift in Bangladesch zum Tod von mehr als 2.000 Frauen geführt. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres kamen dadurch 268 Frauen ums Leben, im Vorjahr waren es 137. Gezählt werden die Fälle von der Frauenrechtsorganisation "Bangladesh Mahila Parishad", die Medienberichte analysiert.

Jasmin hat keine Angst um ihre Zukunft - obwohl Geschiedene in Bangladesch oft mit einem Stigma belegt sind. Sie will erreichen, dass auch andere Frauen mutig genug sind, ihre Würde zu wahren, wenn sie mit Mitgiftforderungen konfrontiert werden. "Ich sorge mich nicht um mich selbst, aber ich will, dass meine Bewegung weiter geht", sagt die Uni-Absolventin, die als Versicherungsmaklerin in der Hauptstadt Dhaka arbeitet. "Ich werde bei meiner Entscheidung bleiben."

Trotz Verbot halten Bangladesch manche am alten Brauchtum der Mitgift fest

Jasmin sagt, beide Parteien hätten vor der Hochzeit zugestimmt, dass es keine Mitgift gebe. Dann aber habe die Tante ihres Bräutigams Waren von ihr verlangt - und ihr Mann habe die Forderungen unterstützt. Ihr Ex-Bräutigam, der Lehrer Shaukat Ali Chan, widerspricht der Darstellung von Jasmin. Das sei ein Missverständnis gewesen und die Dinge würden schon wieder in Ordnung kommen, sagt er. Außerdem gebe es überhaupt keinen Grund, eine Mitgift zu fordern, seine Familie sei wohlhabend.

Als Jasmins Scheidung bewilligt wurde, kam ihre Geschichte an die Öffentlichkeit - und rückte damit auch das Problem der Mitgift wieder in den Fokus. "Viele Dinge haben sich im Laufe der Jahre geändert - bis auf die Einstellung gegenüber der Mitgift", sagt Ajesha Chanam von "Bangladesh Mahila Parishad". "Ich glaube, das ist die Manifestation einer extrem patriarchischen Denkweise. Wir müssen daran arbeiten, diese Haltung zu ändern, um die Würde der Frauen zu gewährleisten."

Staatsministerin Chowdhuri: Frauen müssen gestärkt werden

Die Staatsministerin für Frauen- und Kinderangelegenheiten, Schirin Scharmin Chowdhuri, betont, es gebe Gesetze um diesen Missbrauch zu verhindern. Diese reichten jedoch nicht aus. Sie sprach sich daher für eine großangelegte Kampagne aus, um die Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. "Die Regierung hat eine ganze Reihe von Projekten initiiert, die zum Ziel haben, die Frauen zu stärken und eine passende Lösung zu finden, um dieses Problem loszuwerden", sagt sie.

Auch Jannatul Akhter Rima, eine inzwischen geschiedene Frau, musste sich gegen Mitgiftforderungen wehren. Ihr Ehemann habe sie jeden zweiten Tag geschlagen, sagt sie - obwohl ihr Vater 50.000 Taka (etwa 456 Euro) gezahlt habe. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt von Bangladesch lag nach Angaben des Internationalen Währungsfonds 2011 pro Kopf bei 532 Euro. Nachdem Rima ihrem Ehemann weitere 20.000 Taka nicht geben konnte, schickte er die Scheidungspapiere.

dpa