Kirchenpräsident Jung: Kirche und Arbeitswelt füreinander geöffnet
Kirchenpräsident Dr. Volker Jung würdigte Symanowski. Ihm sei es zu verdanken, dass die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) das distanzierte Verhältnis zwischen Kirche und Arbeitswelt wahrnahm. Er habe (dem Mainzer Zentrum) der Gossner Mission einen neuen Arbeitsschwerpunkt als Seminar für Kirchlichen Dienst in der Industriegesellschaft gegeben. Die von ihm organisierten Industriepraktika und Halbjahresseminare hätten „Generationen von jungen Theologen für den tiefen Graben zwischen Kirche und Arbeitswelt sensibilisiert“. Daran knüpfe die EKHN noch heute als eine Kirche an, „die Glauben und gesellschaftliches Handeln eng miteinander verbindet.“ Als Grenzgänger zwischen den Bereichen habe Symanowski auf beiden Seiten Berührungsängste abgebaut. Er sei davon überzeugt gewesen, „dass unser Herr Jesus Christus alle mit seinen Armen umfasst, unabhängig von Beruf, Einkommen, Partei, Religion und Nationalität.“ Sein Leitspruch sei gewesen: „Nicht wir haben Christus zu den Menschen zu bringen, sondern ihm dorthin zu folgen, wo er immer schon ist – bei den Menschen am Ort ihrer Arbeit, ihrer Leiden und Kämpfe“. Jung wies darauf hin, dass das Vermächtnis Symanowskis in der EKHN aufmerksam weiterentwickelt werde. Seit 2001 führe das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung sowohl den Standort in Mainz als auch das Profil der früheren Arbeit der Gossner Mission insbesondere im Arbeitsbereich „Arbeit und Soziales“weiter. Symanowskis Anliegen lebe zudem in den Profilstellen für gesellschaftliche Verantwortung in den Dekanaten fort.
Propst Schütz: Den Blickwinkel der Menschen, die unten sind, vertreten
Bei einer Tagung zu Ehren Symanowskis, die die Evangelische Akademie Arnoldshain, der Gossner Haus Mainz e.V. sowie das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN am Wochenende in Mainz durchführten, würdigte ihn der Propst für Rheinhessen Pfarrer Dr. Volker Schütz: „Der Protestantismus in der Bundesrepublik und unsere Kirche verdanken ihm unendlich viel.“ Für Symanowski sei „Gerechtigkeit zum zentralen Lebensthema geworden“. Als Arbeiterpfarrer habe er es „in wunderbarer Weise verstanden, seine Erfahrung an junge Theologen und Theologinnen weiterzugeben“. Zudem sei Symanowski auch ein Reformer gewesen, der immer wieder für die Erneuerung seiner Kirche eingetreten sei. Dabei habe er für „den Blickwinkel der Menschen, die unten sind, die die bildungsbürgerliche Theologie und Kirchentheorie kaum wahrnimmt und wenn schon, schnell wieder vergisst,“ gestanden.
Zur Person Horst Symanowski
Horst Symanowski wurde am 8. September 1911 in Nikolaiken/Polen geboren. Als Pfarrer wurde er zunächst zur Wehrmacht eingezogen, dann aber schwerverletzt entlassen. Da er NS-Gegner und Mitglied der Bekennenden Kirche war, konnte er nicht in der – gleichgeschalteten - Kirche arbeiten. Als „illegaler Bruder“ fand er eine Anstellung bei der Gossner Mission und konnte in diesem Zusammenhang Kontakte zu Menschen knüpfen, die bereit waren, Juden zu verstecken. Nach dem Krieg wechselte Symanowski in das Rhein-Main-Gebiet. Dort hatte er 1948 mit Partnern aus der weltweiten Ökumene das Gossnerhaus zunächst in Mainz-Kastel und ab 1971 in Mainz aufgebaut. Statt ein Studentenwohnheim für zukünftige Missionare zu errichten, entdeckte er die Menschen in der Industrie, zu denen die Kirche damals kaum Kontakte hatte. Fortan organisierte er diese Kontakte. Zunächst arbeitete er selbst in Industriebetrieben. Dann vermittelte er Industriepraktika, um Theologiestudierende mit der Situation in der Arbeitswelt vertraut zu machen. Er führte zudem 18 Ökumenische Aufbaulager durch, die theologische und praktische Arbeit miteinander verbanden. Seine Pionierarbeit an der Schnittstelle zwischen Kirche und Arbeitswelt ist international vielfach aufgegriffen, anerkannt und gewürdigt worden.