Obama pocht auf Führungsrolle des Westens

Obama pocht auf Führungsrolle des Westens
Auch wenn China, Indien und Brasilien aufholen: Die Führungsrolle in der Welt gehört dem Westen. Barack Obama nutzte seine Rede in London, um diesen Anspruch deutlich zu machen. An Libyens Machthaber Gaddafi hatte er eine klare Botschaft: "Geh!"

US-Präsident Barack Obama hat während seines ersten Staatsbesuchs in Großbritannien die Führungsrolle des Westens in der Weltpolitik untermauert. "Unsere Zeit zu Führen ist jetzt", sagte er in der historischen Westminster Hall vor beiden Kammern des britischen Parlaments. Aufstrebende Nationen wie China und Indien hätten das Problem der Armut für hunderte Millionen Menschen gelindert und neue Märkte und Möglichkeiten geschaffen.

"Es ist Mode geworden zu fragen, ob das Aufstreben dieser Nationen zu einem Verlust an Einfluss für die USA oder Europa führen wird", sagte Obama. Er widersprach dem. Länder wie die USA oder Großbritannien hätten das Wachstum anderer erst ermöglicht. Im Verhältnis zwischen Washington und London solle "ein neues Kapitel" aufgeschlagen werden, sagte Obama. In einer Welt, in der Wohlstand und Wachstum aller Nationen untrennbar miteinander verknüpft seien, müssten neue Allianzen geschmiedet werden.

Gemeinsam Druck auf Gaddafi erhöhen

Gemeinsam mit Großbritannien will Obama den Druck auf Despoten wie Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi erhöhen. Der US-Präsident und der britische Premierminister David Cameron machten am Mittwoch in London unmissverständlich klar, dass ein künftiges Libyen mit Gaddafi an der Spitze nicht vorstellbar sei. "Er muss gehen", sagte Cameron bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Obama stimmte zu. Beide Länder seien sich einig, dass auf Libyen mehr Druck gemacht werden müsse.

Obama machte aber auch deutlich, dass die Möglichkeiten des "militärisch Erreichbaren" begrenzt seien und schloss den Einsatz von Bodentruppen in Libyen aus. Die Nato könne nur aus der Luft unterstützen, der Kampf am Boden sei der Job der libyschen Rebellen. Cameron ergänzte, man müsse aus den "Lektionen der Vergangenheit" lernen. Für den Aufbau von Demokratien brauche es Zeit, andere Kulturen verdienten Respekt.

Politische Offensive in Afghanistan

Beide Politiker untermauerten ihren Willen, arabischen und nordafrikanischen Staaten bei einem friedlichen Übergang hin zu mehr Demokratie helfen zu wollen. "Der Präsident und ich haben uns entschieden, die zu unterstützen, die Freiheit wollen", sagte Cameron.

So sei etwa in Afghanistan die Zeit gekommen, militärischen Erfolgen eine politische Offensive folgen zu lassen. Noch in diesem Jahr müsse Afghanistan die Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen, 2014 solle der Übergangsprozess abgeschlossen sein, sagte Obama. Es müsse sichergestellt werden, dass Afghanistan nie wieder als Basis für Terroristen genutzt werden könne.

Cameron betonte, die Taliban müssten eine "deutliche Trennung" vom Terrornetzwerk Al-Kaida vollziehen, damit eine dauerhafte politische Lösung für das Land gefunden werden könne. Derzeit seien die Aufständischen in Kandahar und Helmand auf dem Rückzug. "Jetzt ist der Moment, unsere Bemühungen für eine politische Lösung zu beschleunigen", sagte Cameron.

Friedensprozess in Israel ermöglichen

Auch die Lösung des Konfliktes im Nahen Osten zählt zu den Top-Punkten auf der gemeinsamen Agenda der Briten und Amerikaner. Obama forderte die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas erneut zum Verzicht auf Gewalt auf, um den Friedensprozess zu ermöglichen. Die Hamas habe bisher weder auf Gewalt verzichtet noch das Existenzrecht des Staates Israels anerkannt, sagte Obama. Unter diesen Umständen sei es schwierig, von Israel ernsthafte Gespräche mit der Hamas zu erwarten.

Der Präsident schlug vor, die hitzig diskutierten, aber weniger emotionalen Themen der territorialen Grenzen und der Sicherheit Israels vorzuziehen. Die Grenzen von 1967 müssten als Ausgangspunkt der Diskussion dienen. Auch Cameron sagte, die Palästinenser sollten wissen, dass die Grenzen von 1967 ein "Startpunkt für einen Landtausch" sein könnten.

Neben den politischen Gesprächen gehörte auch ein Grillfest im Garten des Regierungssitzes Downing Street 10 zum Programm des zweiten Tages des Staatsbesuchs. Dort trafen Cameron und Obama sowohl britische als auch US-Soldaten und deren Familien. Die Obamas waren am Montagabend in Großbritannien eingetroffen und reisen am Donnerstagmorgen weiter zum G8-Gipfel im französischen Deauville.

dpa