Asche über Island: Insel ächzt unter Grímsvötn

Asche über Island: Insel ächzt unter Grímsvötn
Wieder fällt Asche auf Island. Die Bewohner der Insel ächzen unter der dunklen Wolke des Vulkans Grímsvötn. Die Folgen für die Industrie sind noch nicht genau abzusehen. Vor allem die Landwirtschaft leidet. Zum Glück geht dem Vulkan bereits die Puste aus.
25.05.2011
Von Hallgrimur Indridasson und Lennart Simonsson

Als die Aschewolke Island wieder in Dunkelheit getaucht hatte, erinnerte sich Bauer Helgi Johannsson an die Worte einer alten Frau. 1918 hatte sie den Ausbruch am Katla miterlebt - vor einiger Zeit wünschte sie ihm: "Ich hoffe, dass Deine Generation so etwas nicht durchmachen muss." Nach dem Ausbruch des Vulkans Grímsvötn am Samstag weiß der isländische Landwirt: "So weit ich das beurteilen kann, erleben wir gerade eine solche Situation."

Flugverkehr, Tourismus, Landwirtschaft - die "Insel aus Feuer und Eis" leidet unter der Aschewolke. Die Folgen sind noch nicht genau abzusehen, weder für Island noch für Europa. Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardóttir versprach den Isländern Unterstützung. "Wir werden alles tun, was wir können, um den Menschen zu helfen, die wegen der Eruption Schwierigkeiten haben", sagte die Politikerin. Am Mittwoch ging dem Vulkan allmählich wieder die Puste aus.

Wer nach draußen muss, trägt Masken und Schutzbrillen

Von der Aschewolke am stärksten betroffen ist das Gebiet südwestlich des Vulkans. Dort legt sich die Asche zentimeterdick auf den Boden. Wer längere Zeit draußen bleiben will, trägt Masken und Schutzbrillen. Ein Experte vom Meteorologischen Institut in Island hatte nach der Eruption von einem "Asche-Blizzard" gesprochen.

Johannsson hat wie so viele andere Bauern besonders unter den Folgen zu leiden. Denn jetzt ist seine Saison - in dieser Zeit werden Lämmer geboren. "Ich habe etwa 300 Schafe. Und jetzt auch noch 480 Lämmer", sagte er dem isländischen Rundfunksender RUV. 90 Prozent seiner Tiere seien weiter auf den Feldern.

Erste Stichproben haben ergeben, dass die Asche des Grímsvötn für Tiere nicht so gefährlich ist wie jene nach anderen Ausbrüchen. Dennoch besteht Gefahr: Einige Tiere sind erstickt oder in Gräben gefallen, nachdem sie durch die Dunkelheit geirrt waren. Die Unterstützung ist bereits angelaufen - auch für die Landwirte. Sobald sich die Aschewolke verzogen hat, sollen Studenten in ihrer Ferienzeit und Arbeitslose beim Wiederaufbau helfen.

Die Tourismusbranche hat bislang keinen Anstieg an Stornierungen für den Sommer verzeichnet. Aber der teils lahmgelegte Flugverkehr habe die Pläne von Tourgruppen durchgekreuzt, auf die Insel zu reisen, sagte eine Sprecherin des Reiseverkehrsamtes.

"Es kann morgen oder in einigen Jahren passieren"

Gut ein Jahr nach dem Eyjafjallajökull war der Grímsvötn ausgebrochen. Der aktivste Vulkan Islands liegt unter dem größten Gletscher der Insel - dem Vatnajökull. Zuletzt war er 2004 ausgebrochen. Die jüngste Eruption gilt als die stärkste der vergangenen 50 Jahre. Und die Isländer stellen sich schon auf den nächsten Ausbrch ein. "Es wird ja schon lange ein Ausbruch des Hekla erwartet. Der kann morgen kommen oder in ein paar Monaten oder in einigen Jahren", sagte der Geophysiker Gunnar Gudmundsson am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Die Lage an dem Vulkan im Süden des Landes sei "eigentlich seit ein oder zwei Jahren unverändert".

Der Hekla und der Grímsvötn, der gerade ausgebrochen ist, sind die aktivsten unter den mehr als 30 aktiven Vulkansystemen auf Island. Der zuletzt fast in jedem Jahrzehnt einmal ausgebrochene Hekla sei "im Prinzip schon bereit" für eine neue Eruption, sagte Gudmundsson. Er verwies auf Messungen über gleichbleibend hohen Druck aus dem Inneren. Für die vulkanerprobten Wikinger-Nachfahren aber kein Grund zu unnötiger Aufregung. Der letzte Ausbruch im Jahr 2000 sei ebenso wie die vorangegangenen "doch recht begrenzt gewesen", meinte der Experte vom Meteorologischen Institut in Reykjavik.

Vulkanologen, Meteorologen und Geophysiker weisen immer wieder darauf hin, dass Zeitpunkt und Ausmaß von Vulkanausbrüchen in keiner Weise berechenbar sind. Als jüngstes Beispiel nannte Gudmundsson den Verlauf des jüngsten Ausbruchs am Grímsvötn: "Er war viel größer, als wir das alle erwartet hatten." Ein anderes Beispiel lieferte der Ausbruch des Gletschervulkans Eyjafjallajökull vor etwas mehr als einem Jahr. Auf den würde umgehend ein Ausbruch des benachbarten und viel größeren Katla folgen, war überall zu hören. Der Katla, eine Art Königin unter Islands Vulkanen, zuletzt 1918 ausgebrochen und auf Island am meisten gefürchtet. Bis heute ist er aber ruhig geblieben.

dpa