Zum Jubiläum bekommt der "Tatort" neue Kommissare

Zum Jubiläum bekommt der "Tatort" neue Kommissare
Nina Kunzendorf über ihr "Tatort"-Debüt in Folge 800, hilfreiche Tipps ihres Kollegen Joachim Król und die fiesen Outfits, die sie für die Rolle als Ermittlerin tragen muss.
04.05.2011
Die Fragen stellte Cornelia Wystrichowski

Der Schauspiel-Adel gibt sich die Ehre: Mit Joachim Król und Nina Kunzendorf gehen zwei der profiliertesten deutschen Charakterdarsteller unter die "Tatort"-Ermittler. In der 800. Folge des 1970 gestarteten Fernsehklassikers (am Sonntagabend um 20.15 Uhr in der ARD zu sehen, Wh. um 21.45 und 23.45 in EinsFestival) geben die Nachfolger des von Jörg Schüttauf und Andrea Sawatzki gespielten Ermittlerduos in Frankfurt am Main ihr Debüt.

Die beiden sind ein gegensätzliches Paar: Kommissar Frank Steier ist ein verschlossener, grüblerischer Typ, seine Kollegin Conny Mey eine fröhliche Kumpelnatur mit Köpfchen – Nina Kunzendorf bricht also völlig mit dem spröden, unzugänglichen Frauentyp, auf den sie bislang festgelegt war. Die 39-Jährige ist eine gefragte Theater- und Filmschauspielerin, bekannt wurde sie mit der Tragödie "Marias letzte Reise" an der Seite von Monica Bleibtreu. Kunzendorf ist gebürtige Mannheimerin, sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in der Nähe von München.

evangelisch.de: Respekt, Frau Kunzendorf: Noch nie hat eine "Tatort"-Kommissarin so krasse Klamotten getragen...

Nina Kunzendorf: Ja, da hab ich große Freude dran. Ich bin jetzt 39, mal schauen, wie lang das noch hinhaut mit den knallengen Jeans und den tiefen Ausschnitten, das muss ich ausnützen, solange es noch geht (lacht). Trotzdem hab ich selber kurz geschluckt, als ich mich das erste Mal im fertigen Film gesehen habe.

evangelisch.de: Wir kam es zu dem schrillen Outfit?

Nina Kunzendorf: Der Entwurf für Kommissarin Conny Mey entstand ziemlich spät. Die Idee für ein, sagen wir auffallenderes Outfit war dann schnell da.
Bei der ersten Kostümprobe haben wir uns langsam, aber zielstrebig
vorgewagt: noch enger, noch rosaner – bis wir zufrieden waren. So hab ich mich der Figur auch übers Äußere genähert. Vorher war mir vor allem klar gewesen, was ich nicht wollte.

evangelisch.de: Zum Beispiel?

Kunzendorf: Na ja, wenn man so eine Figur erfindet, mit der man vorhat, eine längere Reise zu machen, schaut man zuerst, was für Kommissarinnen gibt's schon und was würde mich reizen zu spielen. Ich bin ja eher im Drama zu Hause und das auch gerne. Aber ich wollte diesmal keine Frau spielen, für die man erst allmählich Sympathie entwickelt, wo der Zuschauer erst nach der fünften Folge sagt: "Och, mit der könnte ich doch mal ?nen Kaffee trinken."

Geschichten vom Profiler

evangelisch.de: Ihre Figur ist viel fröhlicher als die von Ihrer Vorgängerin Andrea Sawatzki gespielte Kommissarin Charlotte Sänger. Ansonsten knüpft der erste Fall aber an die Frankfurt-"Tatorte" mit ihrem eher düsteren Grundton und den komplexen Storys an.

Kunzendorf: Schon der erste Fall ist kein klassischer Krimi, wo in den ersten fünf Minuten ein Mord stattfindet und die Kommissare dann 85 Minuten dem Täter hinterher ermitteln, ganz nach dem Motto: "Wo waren Sie gestern Abend um halb acht?" Ich freue mich auf die nächsten Fälle. Der Hessische Rundfunk hat die Rechte am Buch eines Profilers gekauft, der sehr detailliert über authentische Fälle und die ganze Polizeiarbeit schreibt. Die nächsten drei Folgen werden drei dieser Fälle zur Grundlage haben.

evangelisch.de: Mit Ihrem Debüt feiert der "Tatort" Jubiläum: Es ist die 800. Folge der Reihe. Grob geschätzt: Wie viele Folgen haben Sie in Ihrem Leben schon gesehen?

Kunzendorf: O Gott, das kann ich nicht sagen. Ich bin als "Tatort "-Zuschauerin relativ spät eingestiegen, zu Jugendzeiten kann ich mich nur an gemeinsames Schimanski-Schauen mit meinem Vater erinnern. Ich bin eh nicht so eine wahnsinnige Fernseh-Guckerin. Oft habe ich die Kinder erst abends um neun im Bett, und dann habe ich keine Lust, mir noch einen halb angefressenen Film anzuschauen.

"Nicht viel Pistolengewackel"

evangelisch.de: Dann erübrigt sich wohl die Frage nach Ihrem Lieblingsermittler?

Kunzendorf: Ich mag die Frage schon aus Respekt vor den Schauspielkollegen, die da ihre Arbeit machen, nicht beantworten. Die Frankfurter fand ich aber immer ganz toll – das Team, die Regisseure, die Autoren. Das hat auch meine Entscheidung positiv beeinflusst, das Angebot für den "Tatort" überhaupt anzunehmen. Beim Hessischen Rundfunk hat man übrigens auch luxuriöse Arbeitsbedingungen, 26 Drehtage für einen Film, das hat man sonst fast nirgendwo mehr – es wird ja überall immer enger, knapper.

evangelisch.de: Sie hätten also nicht bei jedem "Tatort"-Angebot, egal ob aus Berlin, Hamburg oder Köln, blind zugesagt?

Kunzendorf: Ganz bestimmt nicht.

evangelisch.de: Haben Sie sich speziell auf die Rolle vorbereitet und beispielsweise gelernt, wie man eine Pistole hält?

Kunzendorf: Nein, das habe ich nicht extra gelernt, es gab bei den Dreharbeiten für den ersten Fall auch nicht viel Pistolengewackel. Es gab eine Szene mit einer Festnahme, da hat ein Stuntman mir gezeigt, wie ein ordentlicher Polizeigriff geht. Und Joachim Król hat ja schon so viele Ermittler gespielt, der kann mir alles Nötige zeigen.

Keine Verbeamtung angestrebt

evangelisch.de: Für manche Schauspieler ist die Rolle als "Tatort"-Kommissar eine Art Job fürs Leben. Könnten Sie sich vorstellen, das über einen so langen Zeitraum zu machen wie etwa Ulrike Folkerts?

Kunzendorf: Im Moment macht es mir sehr viel Spaß und ich habe nicht vor, meinen Koffer so schnell wieder zu packen. Für einen Lebensjob halte ich das Ganze aber nicht – die Vorstellung, auf Lebenszeit verbeamtet zu sein, finde ich prinzipiell nicht so prickelnd.

evangelisch.de: Finden Sie die große Popularität, die mit Ihrer neuen Rolle als "Tatort "-Ermittlerin auf Sie zukommt, prickelnd?

Kunzendorf: Ganz klar und knapp: nein. Ich merke schon jetzt, dass die steigende Popularität stark in mein Privatleben eingreift. Das war vorher klarer getrennt. Ich lebe ja in einer kleinen Landgemeinde in Oberbayern. Ich hoffe, dass die Leute, denen ich beim Kinderturnen oder beim Bäcker begegne, künftig nicht anders mit mir umgehen, weil sie denken: Die ist ja "Tatort"-Kommissarin. Das wäre mir ein ganz großer Graus.

evangelisch.de: Was machen Sie denn an dem Abend, an dem Ihr Debüt ausgestrahlt wird? Feiern Sie mit Ihrer Familie eine "Tatort"-Party?

Kunzendorf: Nein, meinen Eltern und meinem Mann hab ich den Film schon gezeigt. Ich bin an diesem Tag schon bei den Dreharbeiten zum nächsten "Tatort" in Frankfurt und werde bestimmt mit dem Team die ein oder andere Flasche köpfen.