Ein Rumäne ist der erste Nürnberger Bischof

Ein Rumäne ist der erste Nürnberger Bischof
Noch nie in der Geschichte war in Nürnberg, der stolzen ehemaligen Reichsstadt, ein evangelischer oder katholischer Bischof ansässig. Aber ein orthodoxer: Seit zehn Jahren residiert der rumänische Metropolit Serafim Joanta in der fränkischen Metropole. Zuständig ist er für die rumänisch-orthodoxen Gläubigen in ganz Mitteleuropa.
07.04.2011
Von Jürgen Henkel

Wer heute an die orthodoxe Kirche denkt, dem fallen zunächst Priester mit langen Bärten in Griechenland und Russland, die Mönchsrepublik auf dem Berg Athos, die berühmten Hymnen und liturgischen Gesänge der Ostkirche und die Welt der Ikonen ein. Nur wenige wissen, dass es auch ein rumänisches orthodoxes Erzbistum für Deutschland, Österreich und Luxemburg gibt. Seit 2001 hat es seinen Sitz in Nürnberg. Metropolit Serafim (62) ist als Erzbischof direkt für sein Erzbistum Deutschland, Österreich und Luxemburg zuständig, zur Metropolie gehört außerdem das Bistum von Schweden, Norwegen und Dänemark.

Rumänische orthodoxe Christen gibt es seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland. Während des Kommunismus sammelten sich Exilgemeinden in Deutschland. Einige erhielten ihre Beziehungen zum Patriarchat in Bukarest aufrecht, andere schlossen sich dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel an. Die Wende von 1989 machte es möglich, dass über Arbeitsmigration und Mischehen immer mehr Rumäninnen und Rumänen nach Deutschland kamen. Die Rumänische Orthodoxe Kirche reagierte 1993 darauf, indem sie auf Wunsch der Gläubigen die "Rumänische Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa" einrichtete und den damals jungen Weihbischof des Erzbistums von Sibiu (Hermannstadt), Serafim Joanta, zum Metropoliten bestellte.

Steiniger Weg zu Beginn

Der Weg war für den charismatischen Bischof war anfangs steinig. In einem rumänischen Dorf zwischen Hermannstadt und Brasov (Kronstadt) geboren, kannte er zwar das Zusammenleben der Orthodoxen mit Katholiken und Lutheranern aus Siebenbürgen gut. Doch er war sprachlich und theologisch eher französisch geprägt, hatte er doch im orthodoxen Institut Saint Serge in Paris studiert und dort über die monastischen Traditionen und die Gebetsbewegung des Hesychasmus in Rumänien promoviert. In Deutschland hatte er anfangs weder eine Bischofskathedrale noch einen Amtssitz. Und manche Exilrumänen begegneten ihm reserviert - dies auch wegen mancher Kompromisse, die die Kirche bis 1989 mit dem kommunistischen System schloss, womit sie aber auch das eigene Überleben sicherte.

Doch der engagierte Kirchenmann fasste schnell Fuß und lernte Deutsch. Zunächst residierte er im Ostkirchlichen Institut des katholischen Bistums von Regensburg. Durch die Übersiedlung in ein von der evangelischen Kirche erworbenes Anwesen in Nürnberg und den Umbau der dazugehörigen Kirche zur Bischofskathedrale wurde die Frankenmetropole an Ostern 2001 erstmals zum Bischofssitz und rückte damit verstärkt in den Blick der Ökumene. Mittlerweile ist die Metropolie auch Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Begeisterte Führung durch die Kirche

Vor allem die orthodoxe Ikonographie und der Umbau der ehemals evangelischen Kirche nach den Vorgaben der ostkirchlichen Architektur interessieren viele Gäste und machen den Erzbischof oft flugs zum Kirchenführer. "Wir haben immer wieder kirchliche Gruppen und Schulklassen zu Gast, die bei uns etwas erfahren wollen über Ikonen und orthodoxe Spiritualität", sagt Metropolit Serafim. Begeistert und begeisternd zeigt er Schulklassen, Besuchergruppen und Gästen seine Kathedrale und erläutert deren Bildprogramm. In seiner Kathedrale sind auch Ikonen von Nürnberg und eine Darstellung verschiedener Märtyrer aus der Zeit des Nationalsozialismus und des Kommunismus zu sehen.

Der Erzbischof ist ein überzeugter wie engagierter Vermittler orthodoxer Frömmigkeit. Die Hauptaufgabe des Predigers und Seelsorgers ist freilich der Gemeindeaufbau in der Diaspora. "Wir wollen unseren Gläubigen im Ausland eine geistliche Heimat bieten", sagt er. Das Selbstverständnis seiner Gemeindeglieder bringt er mit den Worten zum Ausdruck: "Wir sind als orthodoxe Rumänen loyale Mitbürger und Mitchristen in Deutschland." Der geistliche Aufbruch ist spürbar: Aus den neun Gemeinden von 1993 sind heute rund 40 allein in Deutschland geworden. In allen Gemeinden gibt es Priester und regelmäßig orthodoxen Gottesdienst.

Wichtige ökumenische Stimme

Das Kirchenoberhaupt von rund 300.000 orthodoxen Rumänen in Deutschland ist heute eine wichtige Stimme im ökumenischen Dialog in Deutschland und weit darüber hinaus. Metropolit Serafim hat hinter den Kulissen seiner Kirche bedeutende ökumenische Ereignisse mit ermöglicht: so den ökumenisch wegweisenden Besuch von Papst Johannes Paul II. 1999 in Rumänien oder die Ausrichtung der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung (EÖV3) in Sibiu (Hermannstadt) im September 2007 und damit erstmals in einem orthodoxen Land.

Der orthodoxe Kirchenmann wirkt in etlichen ökumenischen Gremien und Kommissionen mit. Er macht dabei orthodoxe Positionen gewinnend deutlich: klar, aber dialogfähig. Die orthodoxe Askese sieht er als "eine Antwort auf den Materialismus und Konsumismus unserer Zeit, eine Öffnung des Menschen für das Wesentliche, für Gott".