Fragen und Zweifel: Wie konnte Gott das zulassen?

Fragen und Zweifel: Wie konnte Gott das zulassen?
Wie konnte Gott das zulassen? Besonders nach Katastrophen wie dem Tsunami in Japan werden Zweifel an der Existenz Gottes laut. In der Theologie bezeichnet der Begriff "Theodizee" den Versuch, die Allmacht und Güte Gottes angesichts unschuldigen Leidens in der Welt zu rechtfertigen.

Theodizee leitet sich vom griechischen "theos" (Gott) und "dike" (Gerechtigkeit) ab. Schon im Alten Testament (Hiob, Psalter) und in der griechischen Antike (Epikur) wird das Problem bedacht. Der eigentliche Begriff stammt von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716). Der deutsche Philosoph versucht, das Theodizee-Problem von der Welt her zu verstehen: In seinen "Essais de Théodicée" schreibt er 1710, die von Gott geschaffene Erde sei zwar "die beste aller möglichen Welten", doch keineswegs vollkommen, da dies nur Gott selbst sei. Durch den unvollkommenen Menschen kämen Leid und Sünde in die Welt, ohne dass dies der Allmacht Gottes widerspreche.

Das Erdbeben von Lissabon im Jahre 1755 erschütterte nicht nur die bedeutende europäische Handelsmetropole, sondern auch das optimistische Welt- und Gottesverständnis der Zeit. Angesichts von 30.000 Todesopfern wurde nicht nur die Allmacht Gottes infrage gestellt, sondern die Existenz Gottes überhaupt bestritten (Atheismus): Die fehlende vernünftige Antwort auf die Frage, wie die Allmacht Gottes und das Leid zusammengedacht werden können, wurde nun von Atheisten als Beweis angeführt, dass es Gott nicht gibt.

Spannung zwischen Glauben und Leiden

Viele zeitgenössische Theologen und Kirchenvertreter sehen mit dem Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) die Grenzen der menschlichen Vernunft erreicht, um das Theodizee-Problem zu lösen. Die Spannung zwischen dem Glauben an die Güte Gottes und der Wahrnehmung des schuldlosen Leidens in der Welt lasse sich allein im Glauben und Gebet aushalten: "Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat!" (Psalm 121).

Gerade angesichts von Katastrophen - wie etwa am 11. September 2001 bei den Terroranschlägen in den USA, dem Erdbeben in Haiti oder bei Tsunami-Katastrophen - spüren Menschen, dass sie ihr Leben nicht selbst in der Hand haben. Anders als im Christentum, wo das Gebet in Not und Verzweiflung und das Ringen mit Gott ob der Ungerechtigkeit einen wichtigen Platz einnimmt, spielt die "Theodizee" in Religionen wie etwa dem Buddhismus und Shintoismus in Japan eine zu vernachlässigende Rolle.
 

epd