Wissenschaftler für begrenzte Zulassung der PID

Wissenschaftler für begrenzte Zulassung der PID
Drei Wissenschaftsakademien aus Deutschland haben sich für eine begrenzte Zulassung von Gentests an Embryonen ausgesprochen. Es gebe keine Notwendigkeit, die Gewissensentscheidung einer Frau durch ein Gesetz zu verbieten, heißt es in der am Dienstag in Berlin vorgestellten Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Mit Hilfe der Präimplantationsdiagnostik (PID) ließen sich Abtreibungen von schwer geschädigten Embryonen vermeiden, so das Papier weiter. Es wurde von 13 Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen erarbeitet. Es gehe dabei um genetische Abweichungen, die zu Tot- oder Fehlgeburten sowie zu schwerwiegenden Behinderungen führten, erläuterte der Leiter der Arbeitsgruppe, Hans-Peter Zenner. Solche Gendefekte seien gut zu diagnostizieren. Zum Teil sei ein Elternteil selbst von der Krankheit betroffen. Manchmal hätten die Frauen bereits Fehl- und Totgeburten hinter sich. In einigen Fällen gebe es ein krankes Kind in der Familie.

Die Wissenschaftler halten die PID nur dann für sinnvoll, wenn es einen begründeten Verdacht auf eine bestimmte Erbkrankheit gibt. Zur möglichen Heilung eines kranken Geschwisterkindes oder für die Stammzellforschung soll PID nicht erlaubt werden. Ein Verbot der PID steht für die Forscher in einem Wertungswiderspruch zu anderen Gesetzen, die etwa die Spirale oder die Pille danach sowie die Untersuchung des Embryos während der Schwangerschaft (Pränataldiagnostik) erlauben. Auch ein Medizintourismus ins Ausland, wo PID erlaubt ist, müsse vermieden werden.

Entscheidung im Einzelfall

In ihrer Stellungnahme schlägt die Arbeitsgruppe vor, eine zentrale Sachverständigenstelle einzurichten, die über jeden Einzelfall entscheidet. Damit könne bei der Bewertung von Krankheiten ein einheitliches Maß geschaffen werden, sagte Zenner. Die Stelle solle von einem Laien geleitet und nicht nur mit Experten besetzt sein.

Bei der Präimplantationsdiagnostik werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor dem Einpflanzen in den Mutterleib auf Erbkrankheiten gentechnisch untersucht. Mit dem Verfahren, das eine Selektion der Embryonen ermöglicht und so die Weitergabe genetischer Erbkrankheiten verhindern soll, können aber auch das Geschlecht und weitere Merkmale untersucht werden. Derzeit wird über eine gesetzliche Neuregelung debattiert, weil der Bundesgerichtshof im Juli 2010 das bisherige Verbot gekippt hatte.

Im Bundestag wird es voraussichtlich drei Anträge zur PID geben. Eine Gruppe von Abgeordneten um Günter Krings (CDU) und Johannes Singhammer (CSU) fordert ein komplettes Verbot der PID. Eine zweite Gruppe um Ulrike Flach (FDP) und Carola Reimann (SPD) spricht sich für eine begrenzte Zulassung aus. Dieser Antrag entspricht inhaltlich am ehesten der Stellungnahme der Akademien. Die Abgeordneten Priska Hinz (Grüne) und René Röspel (SPD) wollen die Grenzen für die Zulassung von PID noch enger setzen als Flach/Reimann. Bislang hat nur die Gruppe Flach/Reimann einen Antragstext vorgelegt.

Kirchliches Internetportal zur Medizinethik

Unterdessen startete die evangelische Kirche das neue Internetportal www.ev-medizinethik.de, auf dem sie künftig über bio- und medizinethische Fragen informieren will. Das Zentrum für Gesundheitsethik der hannoverschen Landeskirche habe die Plattform gemeinsam mit Spezialisten anderer Landeskirchen und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aufgebaut, teilte ein Kirchensprecher am Dienstag mit.

Die Direktorin des Zentrums, Andrea Dörries, sagte, dass es ein großes Interesse an evangelischen Stellungnahmen in diesem Bereich gebe: "Zurzeit sehen wir das an der Debatte um die Präimplantationsdiagnostik." Das Portal solle bei anstehenden Gesetzesvorhaben die Kommunikation zum Beispiel mit den Wissenschaften, den Verbänden des Gesundheitswesens und der Industrie oder der Politik erleichtern. Zu den Schwerpunkten gehören unter anderem Fragen zum Lebensanfang und Lebensende, Gesundheit und Krankheit, Transplantation und Stammzellforschung sowie Humangenetik, Biotechnologie und theologische Ethik.

epd