Johannes Paul II. vielleicht bald ein Seliger

Johannes Paul II. vielleicht bald ein Seliger
Die Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. steht offenbar unmittelbar bevor. Nach Angaben der italienischen Tageszeitung "Il Giornale" (Mittwoch) erkannte die zuständige Heilig- und Seligsprechungskongregation im Vatikan das für diesen Schritt nötige Wunder an.

Bereits im vergangenen Monat hatte ein vatikanisches Ärztekomitee unter Leitung des päpstlichen Leibarztes Patrizio Polisca festgestellt, die Heilung der französischen Ordensfrau Marie Simon-Pierre von der Parkinsonschen Krankheit sei medizinisch nicht zu erklären. Papst Benedikt XVI. wird der Seligsprechung voraussichtlich in Kürze zustimmen. Damit könnte sein Vorgänger nach Einschätzung der Zeitung möglicherweise zu seinem Todestag am 2. April, spätestens jedoch im Oktober zum Jahrestag seiner Papstwahl zur Ehre der Altäre erhoben werden.

Die heute 48-jährige Marie Simon-Pierre gehört der Kongregation der "Kleinen Schwestern der katholischen Mutterschaft" an. Ihre Mitschwestern hatten nach dem Tod Johannes Pauls II. am 2. April 2005 zu dem Verstorbenen für die Kranke. Das Heilungswunder soll sich in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni 2005 zugetragen haben. Der behandelnde Arzt stellte anschließend fassungslos die vollständige Genesung der Nonne fest.

"Santo Subito!"

Bereits unmittelbar nach dem Tod des polnischen Papstes hatte Massen von Gläubigen, die an den Trauerfeierlichkeiten in Rom teilnahmen, eine sofortige Heiligsprechung Johannes Pauls gefordert ("Santo Subito". Im vergangenen Jahr wurde der in Rekordzeit ablaufende Seligsprechungsprozess aufgrund von Zweifeln der zuständigen Vatikanärzte an der Diagnose der Krankheit der Ordensfrau verlangsamt. Nach dem Kirchenrecht können Selig- und Heiligsprechungen nur dann vorgenommen werden, wenn die Kandidaten nach ihrem Tod ein Wunder in Form einer nicht erklärbaren Heilung gewirkt haben.

Die katholische Kirche spricht Menschen selig und heilig, die ein vorbildhaftes Leben geführt und nachweislich Wunder gewirkt haben. Damit verbunden ist die Anrufung von Verstorbenen als Fürsprecher bei Gott und ihre liturgische Verehrung. Die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen lehnen Selig- und Heiligsprechungen ab, da aus ihrer Sicht allein der Glaube zählt und es keine Vermittler zwischen dem Menschen und Gott gibt. Im Pontifikat Johannes Pauls II. (1978-2005) war die Zahl der sogenannten Beatifikationen stark angestiegen.

Ökumenische Irritationen

Seligsprechungen führen nicht selten zu ökumenischen Irritationen, so etwa im Fall der Lübecker Märtyrer. Die drei katholischen Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange werden am 25. Juni seliggesprochen. Sie waren gemeinsam mit dem evangelischen Pfarrer Karl-Friedrich Stellbrink 1943  hingerichtet worden, nachdem sie gemeinsam von der Kanzel und in Flugblättern gegen die Verbrechen des NS-Regimes protestiert hatten. Evangelische Christen fürchten durch die Seligsprechung der Kapläne eine Aufteilung des Gedenkens.

epd/evangelisch.de