Filmkritik der Woche: "Morning Glory"

Filmkritik der Woche: "Morning Glory"
Hier kocht Indiana Jones: In der Mediensatire "Morning Glory" geht Harrison Ford sehr weit - bis an den Herd. Das Treiben hinter den TV-Kulissen wird mit munterem satirischem Elan gezeigt.
11.01.2011
Von Rainer Gansera

Der Star legendärer Abenteuer-Blockbuster als Moderator einer TV-Morningshow - das ist der Casting-Coup von "Morning Glory". Eine der zahlreichen, hübsch gebastelten Pointen, die Roger Mitchells vergnügliche Komödie parat hält. Und es ist wunderbar, Harrison Ford dabei zuzusehen, wie er in seiner knurrigen, coolen Art als Moderator Mike Pomeroy auch noch zum TV-Koch wird, die Pfanne schwingt und es schafft, sich dabei nicht zum Trottel machen zu lassen.

Die hübsche, rehäugige Rachel McAdams ("Sherlock Holmes") steht im Zentrum des Geschehens. Sie verkörpert Becky Fuller, eine junge, mit Optimismus und Energie aufgeladene TV-Produzentin, die sich ihre Karriere durch ein Gestrüpp wild wuchernder Egos und zynischer Chefs bahnen muss.

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Zu Beginn des Films verliert sie ihren Job bei einer Morningshow in New Jersey - hier verbringt Regisseur Roger Michell ("Notting Hill") etwas zu viel Zeit damit, Becky als niedlich verzappeltes Wesen einzuführen. Dann aber erhält sie das Angebot, in New York die quotenschwache Morningshow "Daybreak" auf Vordermann zu bringen. Und schon gewinnt die Story an Fahrt und kantigem Witz.

Etwa wenn Beckys neuer Chef (Jeff Goldblum) ihren betulichen Optimismus konterkariert. Er: "Sie kennen unser Frühstücksfernsehen?" Sie: "Oh, es ist hochinteressant!" Er: "Sie wissen selbst, dass es Schrott ist. 'Daybreak' ist unterbesetzt, unterfinanziert, der Produzent wird öffentlich verhöhnt, ist überarbeitet und wird miserabel bezahlt!"

Becky lässt sich nicht entmutigen und entdeckt, dass Pomeroy, ein alter und renommierter TV-Anchorman, beim Sender zwar unter Vertrag, aber ohne Aufgabe ist. Sie bietet ihm deshalb die "Daybreak"-Ko-Moderation an, was Pomeroy erst einmal entrüstet ablehnt. Schon deshalb, weil er nicht an der Seite einer vormaligen Schönheitskönigin (Diane Keaton) arbeiten will. Er war als Topnachrichtenmann an der Front des Weltgeschehens und kann unmöglich den Klatsch-Tratsch-Mode-Firlefanz von Morningshows mitmachen. Becky muss sich etwas einfallen lassen, um ihn ins Boot zu holen.

Erfolgreich sein - ohne alles zu opfern

Erfolgreich zu sein, ist die amerikanische Religion. Dieser Religion huldigen amerikanische Filmkomödien in Form von Versöhnungsgeschichten, die behaupten: Man kann erfolgreich sein, ohne alles - das Privatleben, die Gefühle, das berufliche Ethos - opfern zu müssen. Solch eine Story erzählt "Morning Glory".

Eine Kritik an der Boulevardisierung des Fernsehens findet nicht statt, aber das Treiben hinter den TV-Kulissen wird mit munterem satirischem Elan gezeigt. Becky knüpft mit Pomeroy keine Liebesbande an, um die Karriereleiter hochzuklettern, sie ringt mit ihm wie mit einem väterlichen Über-Ich. Eine Tochter-Vater-Geschichte.

Becky findet im Nachbarbüro einen Lover, in der Crew eine Art Ersatzfamilie, und sie bringt Pomeroy dazu, sich anzustrengen und richtig mitzuspielen. Wenn er schließlich sogar als Koch vor die TV-Kameras tritt, dann garantiert Harrison Fords Coolness, dass das keine Kapitulation ist.

USA 2010. Regie: Roger Michell. Buch: Aline Brosh McKenna. Mit: Rachel McAdams, Harrison Ford, Diane Keaton, Patrick Wilson, Jeff Goldblum. Länge: 107 Minuten. FSK: ab 6, ff.

epd