Jahr der Taufe: Geschenk-Auspacken im Gottesdienst

Jahr der Taufe: Geschenk-Auspacken im Gottesdienst
„Die Taufe ist ein Gottesgeschenk. Wir wollen beim Auspacken dieses Geschenkes helfen“, sagt Alfred Buß. Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen hat heute zusammen mit Kollegen aus dem Rheinland und Lippe mit dem Auspacken begonnen und das Jahr der Taufe eröffnet.

95 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder in Westdeutschland packen auch gern Geschenke aus: So viele haben im Jahr 2002 gesagt, dass sie sich für die Taufe eines Kindes entscheiden würden. Das waren mehr als 1982 (88 Prozent) und mehr als 1972 (82 Prozent). Trotzdem geht der Anteil von evangelisch Getauften an der Gesamtzahl der Geburten langsam, aber stetig zurück, nämlich von 40 Prozent im Jahr 1960 aus 32 Prozent im Jahr 2006. Warum ist das so?

Die evangelische Kirche sieht drei Gründe: Protestanten bekommen weniger Kinder als Katholiken oder Muslime, die Religionspolitik der DDR führte zu weniger Taufen, und die Familienformen ändern sich. Heute sind viele Eltern unverheiratet oder alleinerziehend – das traditionelle Fest zur Taufe des Babys gehört offenbar nicht mehr für alle Familien unbedingt dazu. Es mag auch eine Rolle spielen, dass es kostspielig ist, die ganze Familie zu diesem Fest einzuladen.

Immer mehr Täuflinge sind älter als zwei Jahre

Dass die absolute Zahl der Taufen in Deutschland zurück geht, ist infolge des Geburtenrückgangs keine Überraschung: Gut 213.000 evangelischen Taufen im Jahr 2006 stehen mehr als 425.000 im Jahr 1960 allein in der Bundesrepublik gegenüber. Ein weiterer Trend ist noch bemerkenswert: Die Täuflinge werden immer älter. Nur noch 53 Prozent der evangelischen Getauften sind heute unter zwei Jahre alt, 35 Prozent sind zwischen drei und 13 Jahre alt. Der Anteil der Erwachsenentaufen ist auf neun Prozent gestiegen. Offenbar lassen die Menschen sich und ihren Kindern mehr Zeit für die Entscheidung für oder gegen die Taufe.

Die evangelische Kirche wirbt in diesem Jahr besonders für eine solche Entscheidung. Unter dem Motto "Reformation und Freiheit" hat die EKD das Jahr 2011 in ihre Zehn-Jahres-Reihe zum Reformationsjubiläum eingereiht und dabei den Schwerpunkt auf die Taufe gesetzt. Die Idee stammt aus Bielefeld: Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß kam auf den Gedanken, ein Jahr der Taufe auszurufen – begleitet von einer Kampagne unter dem Motto "Gottesgeschenk", die am Donnerstag in Meinerzhagen feierlich eröffnet wurde. Beteiligt sind auch die Evangelische Kirche im Rheinland und die Lippische Landeskirche. Darüber hinaus haben auch die evangelischen Kirchen in Niedersachsen, Baden, Mecklenburg und Sachsen die Initiative aufgegriffen.

Buß: "Gott sagt Ja zu einem Menschen"

Das Ziel: Mehr Menschen auf die Bedeutung der Taufe aufmerksam machen und dazu ermutigen, das "Gottesgeschenk" auch wirklich anzunehmen und auszupacken – anstatt nur den allgemeinen Willen zu bekunden. Für Alfred Buß lautet der zentrale Gedanke zur Taufe: „Gott sagt Ja zu einem Menschen. Er steht zu ihm und begleitet ihn." Dabei seien drei Schritte hilfreich: feiern, verstehen und weitertragen. Am Beginn stehe das Fest: „Die Taufe, die Berührung mit Wasser, spricht die Sinne an, die Gefühle. Menschen werden in der Taufe angerührt. Diese Erfahrung ist ihnen wichtiger als kirchliche Lehrsätze.“

Dennoch sei das Verstehen als nächster Schritt wichtig. Buß beschreibt die Taufe als Geheimnis, das mit verständlichen Worten nahegebracht werden müsse: Deshalb der dritte Schritt: Weitertragen. Das bedeute auch Hilfe und Zusage an die Eltern. „Ihre Dankbarkeit für ihr Kind muss nicht ins Leere laufen“, so Präses Buß, „denn immer wieder wird die Geburt eines Kindes, sein Leben, sein Wachsen und seine Entwicklung als ein großes Wunder erlebt. Wem sollte man dafür danken, wenn nicht Gott?“

Schneider: "Taufe knüpft ein Band"

Buß' rheinischer Amtskollege Nikolaus Schneider betonte in seiner Predigt die Gemeinschaft stiftende Bedeutung der Taufe: „Sie knüpft nicht nur ein Band zwischen dem Täufling und Gott, sondern auch ein Band zwischen dem Täufling und der christlichen Gemeinde.“ Glaube brauche solche Gemeinschaft: „Wir brauchen Eltern und Paten, Freunde und Freundinnen, die unseren Glauben stärken, die für uns da sind und für uns beten.“ Denn auch für getaufte Christen sei der Glaube kein fester Besitz: „Glaube umschließt immer auch Unglaube, Fragen und Zweifel“, sagte Schneider. Doch Christen hofften „auf Gottes heilsame Gegenwart“. Diese Hoffnung gründet nach Schneiders Worten auf der Zusage des gekreuzigten und auferstandenen Christus, bei seiner Gemeinde zu bleiben „bis an der Welt Ende“.

Im Jahr der Taufe 2011 sind verschiedene Aktionen geplant – darunter Tauf-Treffen an Flüssen und Seen, Gottesdienste zur Tauferinnerung, Ausstellungen, Tagungen sowie Seminare für Eltern und Paten, aber auch Kurse für Erwachsene, die sich taufen lassen wollen. 

Informationen rund um die Taufe gibt es im Internet unter www.gottesgeschenk.info und www.geistreich.de/FokusTaufe.

evangelisch.de/aka